Nach dem BVG Urteil: Polizeikostenbeteiligung?

Das Bundesverfassungsgericht hat nun klargestellt, dass es verfassungskonform ist die Fußballvereine bei sog. Hochrisikospielen an den Polizeikosten zu beteiligen, so wie es das Bundesland Bremen bereits seit 2015 versucht. Die Verfassungsbeschwerde der DFL ist blieb damit erfolglos.

Hier das Urteil ausführlicher dargestellt und begründet:

Hieraus mal ein Teil zitiert, warum das nicht verfassungswidrig ist; vereinfacht gesagt, weil's nicht in der Verfassung drin ist:

"Auf diese Weise sollen die Mehrkosten der Polizeieinsätze nicht durch die Gesamtheit der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, sondern jedenfalls auch durch die (un)mittelbaren wirtschaftlichen Nutznießerinnen und Nutznießer der Polizeieinsätze geschultert werden. Dies ist ein legitimes Ziel.
(...)
Die Verfassung kennt keinen allgemeinen Grundsatz, nach dem die polizeiliche Sicherheitsvorsorge durchgängig kostenfrei zur Verfügung gestellt werden muss. Die Gefahrenvorsorge ist keine allgemeine staatliche Tätigkeit, die zwingend ausschließlich aus dem Steueraufkommen zu finanzieren ist."


Bin ja mal gespannt, ob und wann nun andere Bundesländer dem Beispiel Bremens folgen.
 
Dass dieses Urteil der DFL und den Vereinen nicht gefallen wird, dürfte klar sein aber auch das Fanbündnis "Unsere Kurve" sieht es kritisch:

Wo sie, meiner Meinung nach, einen Punkt haben, ist, dass ja anscheinend die Polizei alleine entscheidet wieviele Einsatzkräfte sie für ein Spiel einsetzt und das natürlich einen entscheidenden Einfluss auf die Kosten hat.
Dem 1,6 Mrd. € Steuerargument kann ich mich nicht so anschließen, denn diese Steuereinnahmen sind nicht zweckgebunden und des Weiteren kommen diese Steuern deswegen zusammen, weil eben die Umsätze der Veranstalter so hoch sind; das ist schlicht und einfach Steuern zahlen, völlig unabhängig von irgendwelchen Risikospielen.
Das Argument "Nach unserer Auffassung und im Einklang mit den Ansichten unzähliger Fachleute ist die Gewährleistung öffentlicher Sicherheit und Ordnung eine Kernaufgabe des Staates." stimmt wohl grundsätzlich aber es stimmt halt verfassungsrechtlich anscheinend nicht absolut sondern kann auch Einschränkungen unterliegen, gerade, wenn die Veranstaltung kommerzielle Absichten verfolgt.

"Fassungslos" und "zweifelhaftes Urteil" halte ich für zu hoch gegriffen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ursprünglich ging es der Stadt Bremen ja um sämtliche Kosten, jetzt ist „nur“ noch von sogenannten „Hochrisikospielen“ die Rede. Was ein solches ist: Das definiert auch wieder die Polizei. Schön für sie, nicht wahr?

Immerhin, ich halte es für möglich, dass Vereine nun die Einsatz- und Personalplanung der Polizei hinterfragen, bisher konnte es ihnen ja egal sein. Wenn zum Beispiel bei einem A-Jugend Bundesligaspiel 50 angekarrt werden, aber nur die ganz normalen Zuschauer da sind, die immer da sind. Weil halt irgendeiner meinte, das sei nötig.

Gilt das dann auch für andere Hochrisikoveranstaltungen? Oktoberfeste, Sylvester, Karneval, Parteitage?
 
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Ich weiss, aber nicht jeder hier liest angegebene Quellen.
Interessant finde ich diesen Satz:

„Als Konsequenz aus dem heutigen Urteil fordern wir die Vereine auf, jeden einzelnen Gebührenbescheid vor den Verwaltungsgerichten zu beklagen. Nur dadurch kann die Grundlage für den Kräfteeinsatz der Polizei überprüft und somit die Richtigkeit der Rechnungssumme bewertet werden. Es ist im Sinne der Vereine, nicht für unnötige und vermeidbare Kosten herhalten zu müssen. Im Rahmen der 50+1 Regelung sind sie hierbei gegenüber ihren Mitglieder Rechenschaft schuldig.“

Ansonsten ist überhaupt nicht gesagt, wer da jetzt betroffen ist. So viele Bundesländer wollen Bremen da nämlich gar nicht folgen.
 
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Klar, natürlich kann man gegen einen Gebührenbescheid klagen, das untersagt das BVG ja sicher nicht.

Wie oben gesagt: Ich bin auch gespannt, ob da weitere Bundesländer nun auch Bescheide ausstellen werden.
 

Ich finde das gut.
Die DFL hat den Gewinn einkassiert und die Bremer Rechnungen an Werder weiter gegeben. Ob sie das wohl so weiter macht?
 
Aus obigen Kickerartikel:
"Dabei ist festzuhalten, dass die DFL mindestens eine Co-Veranstalterrolle hat und auch die Anhänger eines Gastvereins dazu beitragen, dass ein Spiel ein Hochrisikospiel wird", sagte Tarek Brauer, Werders Geschäftsführer Organisation und Personal. In seinen Leitsätzen fordert das Gericht alle Beteiligten auch dazu auf, die "Zusatzbelastung fair zwischen den jeweils Betroffenen zu verteilen"
Die nächste Gelegenheit, darüber unter den 36 Vereinen zu diskutieren, wäre die außerordentliche DFL-Mitgliederversammlung am Donnerstag in Frankfurt, die bisher aber nur monothematisch ausgerichtet ist auf die Frage, wie die TV-Gelder ab der Saison 2025/26 verteilt werden sollen."


Das ist halt jetzt aber auch schon hart:
Da freut man sich fröhlich den Kuchen aufteilen zu können und dann kommt das miese Thema "Kosten" um die Ecke.
Mich würde ja mal interessieren wie hoch diese Zusatzkosten erst- und zweitligaweit wären. 10 Millionen €, 20 Millionen €,... in Liga eins? Ich hab keine Ahnung.
 
Ursprünglich ging es der Stadt Bremen ja um sämtliche Kosten, jetzt ist „nur“ noch von sogenannten „Hochrisikospielen“ die Rede.
Nein.
Es war seitens Bremen immer - also von Anfang an - von den Hochrisikospielen die Rede.
Dass die Sicherheitskosten "normaler" Spiele ganz normal von Bremen zu bezahlen sind, war kein Thema. Es ging um die Mehrkosten für die Hochsicherheitsrisikospiele. Und von diesen Mehrkosten wollte Bremen die Hälfte der Kosten von der DFL wieder haben.
So wurde es am Anfang thematisiert. Ob es sich geändert hat, weiß ich nicht.
 
Aus dem von mir eingestellten Artikel des Kicker:
Scharfe Kritik kommt von der Fanorganisation "Unsere Kurve", die den Richterspruch aus Karlsruhe "fassungslos zur Kenntnis" nimmt. "Durch das heutige Urteil verkommt Polizeiarbeit zur simplen Dienstleistung. Es ist nun unabdingbar, dass den Klubs Entscheidungsgewalt in der polizeilichen Einsatzplanung eingeräumt wird und überdimensionierte Polizeieinsätze endlich ein Ende haben. Da Fans an vielen Standorten eng mit dem eigenen Verein im Austausch sind, muss jetzt auch deren Expertise Einfluss finden", kritisiert Jost Peter, der 1. Vorsitzende.


Sprecher Thomas Kessen fordert: "Das heutige Urteil muss fair und gleich auf alle öffentlichen Großveranstaltungen angewendet werden. Wir erwarten nun vom Freistaat Bremen jährliche Rechnungen an die Veranstalter des Bremer Freimarkts. Auch das Münchner Oktoberfest, der Kölner Karneval und die Silvesterpartys am Brandenburger Tor müssen den Veranstaltern in Rechnung gestellt werden. Ob wir als Gesellschaft das allerdings wollen, darf bezweifelt werden - und ebenso zweifelhaft ist das heutige Urteil."
Großveranstaltungen wie Freimarkt und Oktoberfest stellen nicht zwingend ein Hochrisiko dar und werden auch nicht bundesweit von einer Organisation, einem Zusammenschluss, wie die DFL veranstaltet.
Außerdem muss sich der Fan-Sprecher mal fragen, wer denn das hohe Risiko verursacht. Die Spieler und damit die Vereine doch sicher nicht.
 
§4 Verwaltungsgebühren
(1) Verwaltungsgebühren werden für die Vornahme von Amtshandlungen erhoben, die
1. (...)
2. aufgrund gesetzlicher Ermächtigung im Interesse eines einzelnen
vorgenommen werden oder
3. (...)
(4) 1Eine Gebühr wird von Veranstaltern oder Veranstalterinnen erhoben, die eine gewinnorientierte
Veranstaltung durchführen, an der voraussichtlich mehr als 5 000 Personen zeitgleich teilnehmen
werden, wenn wegen erfahrungsgemäß zu erwartender Gewalthandlungen vor, während oder nach der
Veranstaltung am Veranstaltungsort, an den Zugangs- oder Abgangswegen oder sonst im räumlichen
Umfeld der Einsatz von zusätzlichen Polizeikräften vorhersehbar erforderlich wird. 2Die Gebühr ist
nach dem Mehraufwand zu berechnen, der aufgrund der zusätzlichen Bereitstellung von Polizeikräften
entsteht. 3Der Veranstalter oder die Veranstalterin ist vor der Veranstaltung über die voraussichtliche
Gebührenpflicht zu unterrichten. 4Die Gebühr kann nach den tatsächlichen Mehrkosten oder als
Pauschalgebühr berechnet werden.

§ 13 Kostenschuldner
(1) Schuldner einer Verwaltungsgebühr oder von Auslagen ist derjenige, der die
Amtshandlung selbst oder durch Dritte, deren Handeln ihm zuzurechnen ist, beantragt
oder veranlasst hat, oder in dessen Interesse sie vorgenommen wird, oder der einer
besonderen Überwachung oder Beaufsichtigung unterliegt.

Quelle: https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/studzrwo/article/download/67583/60849/190685


Die Bremer Gebührenordnung gilt nicht grundsätzlich nur für Fußballspiele.

Was ich bisher gelesen habe, wollen die wenigsten Bundesländer eine solche Gebühr erheben.
 
Zuletzt bearbeitet:
(...)
Außerdem muss sich der Fan-Sprecher mal fragen, wer denn das hohe Risiko verursacht. Die Spieler und damit die Vereine doch sicher nicht.
Das hat sich der schon gefragt, denn darum geht's doch unter anderem:
Wer bewertet das Risiko aufgrund welcher Kriterien und legt dann fest welcher Polizeikräfte es in welchem Ausmaß bedarf?
Aktuell scheint das Polizei alleine zu tun aufgrund nicht unbedingt transparenter Kriterien, wenn ich die Diskussion darum verfolge.
 
Das hat sich der schon gefragt, denn darum geht's doch unter anderem:
Wer bewertet das Risiko aufgrund welcher Kriterien und legt dann fest welcher Polizeikräfte es in welchem Ausmaß bedarf?
Aktuell scheint das Polizei alleine zu tun aufgrund nicht unbedingt transparenter Kriterien, wenn ich die Diskussion darum verfolge.

Das sollte in der Tat mal kritisch hinterfragt werden, wer da warum welche Spiele als "Rotspiele" erklärt. Bisher allein die Polizei, oder? Die Vereine sollten da zum Beispiel auch mitreden dürfen. Zudem kann man da ja auch andere Maßnahmen ergreifen als mehr Polizei.
 

Die SPD Bremen schlägt vor, ein standardisiertes Verfahren zur Bestimmung von Risikospielen einzuführen.

Konkret schlägt er ein standardisiertes Verfahren mit Landespolizei, Heimklub, Gastklub und dem zuständigen Sportverband wie der Deutschen Fußball Liga (DFL) vor, „um zu einer möglichst einvernehmlichen Risikobewertung zu kommen“. Weitere Experten könnten bei Bedarf hinzugezogen werden. Maßgeblich für die sicherheitsrelevanten Maßnahmen solle weiter die Prognose der Landespolizei sein, falls zwischen den Beteiligten kein Einvernehmen erzielt werden könne.

Hört sich erstmal gar nicht mal so schlecht an, hat aber den Haken, dass am Ende doch die Polizei alle anderen überstimmen kann.

Aus Fairnesgründen sollte der betroffene Heimverein immer ein Vetorecht haben und sagen können: In dem Fall möchten wir auf die Gästefans verzichten, denn die stellen ein Risiko dar für das wir keine Kosten übernehmen möchten.
 
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