Detti04
The Count
Hi,
vielleicht wundern sich manche, wieso ich in Diskussionen, die Klinsmann bei der Hertha betreffen, als (moeglicherweise einer der wenigen) Verfechter Klinsmanns auftrete. Die Antwort darauf ist, dass ich selber schon erlebt habe, wie ein Verein, der jahrzehntelang vor sich hin krautete, zu einem Spitzenklub veraendert wurde, denn genau das geschah ja bei Schalke. Fuer alle diejenigen, die sich nicht erinnern koennen, kommt hier ein kleiner Rueckblick auf die damaligen Ereignisse.
Bis in die 90-er hinein war Schalke ja ein Klub, der seit Jahrzehnten eigentlich keine Erfolge mehr vorzuweisen hatte und seit einem guten Jahrzehnt Fahrstuhl fuhr. Als Kind war es mein groesster Wunsch, dass Schalke mal eine Buli-Saison mit einer positiven Bilanz abschliessen koennte: Zwischen dem Ende der 70-er (76/77, Vizemeister mit Klaus Fischer und Co.) und Platz 3 95/96 (erstmalige Qualifikation fuer den UEFA-Cup seit Jahrzehnten) schaffte Schalke das genau einmal, naemlich 84/85 - mit 34:34 Punkten und einer Tordifferenz von +1. Hurra! Mit anderen Worten, Schalke war mindestens genauso im Arsch und unattraktiv, wie es die Hertha aktuell ist.
1993 stellte Schalke dann aber jemanden in verantwortlicher Position ein, der nicht nur Ambitionen hatte, sondern auch keine Angst, diese Ambitionen oeffentlich zu aeussern: Ich rede natuerlich von Rudi Assauer. Sein "Entweder ich schaffe Schalke, oder Schalke schafft mich" ist ja legendaer, und Assauer scherte sich auch nicht darum, wenn er bei irgendwem mit seinen Ambitionen aneckte. Letzteres ist eine Eigenschaft, die ich fuer essentiell halte, wenn man nach oben will, weil man ja automatisch bei denen aneckt, die man ueberholen will. Es darf einem also nichts ausmachen, unpopulaer zu sein.
Unter Asssauer stellten sich dann recht schnell erste Erfolge ein, z.B. die schon vorher erwaehnte erstmalige Qualifikation fuer den UEFA-Cup seit Jahrzehnten. Es hatte natuerlich viel mit Glueck zu tun, dass man den UEFA-Cup dann auch gleich gewann, d.h. sowas kann man nicht als Erfolg eines Managers verbuchen. Allerdings zeigt sich die Qualitaet eines Managers darin, wie er mit dem auf dem Erfolg basierenden Zuwachs von Fans, Sponsoren und Geld umgeht, und Assauer war wieder ambitioniert: Assauer trieb das Projekt des Stadionneubaus voran und Schalke war auch einer der ersten Klubs mit einem Jugendinternat, wenn ich mich recht erinnere. Aber auch bei Spielerverpflichtungen demonstrierte Assauer, wie wenig ihn die oeffentliche Meinung scherte - ich sag nur Andreas Moeller (und Torsten Legat). Mit Moeller wurde Schalke dann ja fast Meister, vergeigte es aber am vorletzten Spieltag aus Angst vor der eigenen Courage in Stuttgart.
So, und bis hierhin war Schalke immer noch kein Spitzenklub, sondern hatte mal in guten Jahren Ausreisser nach oben. Spitzenklub wurde Schalke erst ab der Saison 04/05, als Assauer und Schalke sich wirklich mit den anderen Spiztenteams anlegten und die Meisterschaft anstrebten. Zur Erinnerung, hier ist ist die Spitzengruppe der Abschlusstabelle 03/04:
1. Bremen
2. Bayern
3. Leverkusen
4. Stuttgart
...
7. Schalke
Torschuetzenkoenig war Ailtion geworden. Und wen verpflichtete Assauer zur neuen Saison? Eben jenen Ailton, und zusaetzlich noch den womoeglich staerksten Abwehrspieler der Liga, naemlich Bordon aus Stuttgart. In der Saison darauf machte Assuaer dasselbe gleich nochmal: Diesmal kamen Krstjaic und Ernst aus Bremen und Kuranyi aus Stuttgart. Alle 5 Spieler waren in ihren Vereinen Stammspieler gewesen und wurden das auch bei Schalke fuer die naechsten Jahre; die einzige Ausnahme war Ailton, welcher trotz 14 Saisontoren schon nach einer Saison wieder abgegeben wurde. Die anderen 4 Spieler bildeten die Basis einer Mannschaft, die dann auf Jahre hinaus eine Spitzenmannschaft war. Um das mal in Zahlen ausuzdurecken:
Schalkes Platzierungen von 91/92 bis 03/04:
11 - 10 - 14 - 11 - 3 - 12 (UEFA-Cup Gewinn) - 5 - 10 - 13 - 2 (DFB-Pokal) - 5 (DFB-Pokal) - 7 - 7
Und von 04/05 bis 13/14:
2 - 4 - 2 - 3 - 8 (unfaehiger Rutten) - 2 - 14 (CL-Halbfinale und DFB-Pokal) - 3 - 4 - 3
Gazprom stieg erst waehrend der Hinrunde der Saison 06/07 als Grosssponsor ein, d.h. zu einem Zeitpunkt, als Schalke seine Ambitionen Richtung ganz oben schon deutlich gemacht und auf dem Feld auch schon unternauert hatte. Assauer war schon ein paar Monate vorher zurueckgetreten, und der neue Manager Andreas Mueller hielt den Verein dann, auch Dank des Geldes von Gazprom, dauerhaft auf dem CL-Niveau.
Ich ziehe aus dem Aufstieg Schalkes zur Spitzenmannschaft folgende Lehren:
1. Wenn man einen Verein voranbringen will, dann muss die im Verein entscheidende Person ambitioniert sein und ihre Ambition auch oeffentlich machen, weil es so leichter ist, die richtigen Unterstuetzer zu gewinnen. Weil diese Person sich dann oeffentlich positioniert, braucht sie auch ein dickes Fell, und Popoularitaet muss ihr vergleichsweise egal sein.
2. Wenn man an anderen vorbei will, insbesondere ganz oben, dann muss man diese anderen auch angreifen. Die Verpflichtungen von Bordon, (Ailton,) Krstajic, Ernst und Kranyi von der direkten Konkurrenz waren es, die Schalke zum dauerhaften CL-Teilnehmer machten. Oder anders: Man kann aus Mittelklasse-Profis auf Dauer keine Spitzenklasse-Mannschaft erzeugen.
--
So, und nun zurueck zur Hertha und deren Wunsch, es nach oben zu schaffen. Wenn ich da Klinsmann und Preetz vergleiche, dann sehe ich nur eine Person (natuerlich Klinsmann), die Kriterium 1) erfuellt, und es scheint mir auch wahrscheinlich, dass eher Klinsmann Kriterium 2) umsetzten wuerde. Aber dass Preetz hingeht, und - mal sagen - Gladbach einen Stammspieler aus dem Vertrag wegkauft? Das scheint mir doch sehr unwahrscheinlich.
Ich befuerchte eher, dass "Preetz mit Geld" aehnlich ist wie "HSV mit Geld": Es wird einfach permanent Mittelklasse geholt, wobei man aber brav immer irgendwelche Abloesesummen abdrueckt. Nach ein paar Jahren wundert man sich dann, wo denn das schoene Geld geblieben ist, obwohl die Mannschaft doch gar nicht staerker geworden ist.
vielleicht wundern sich manche, wieso ich in Diskussionen, die Klinsmann bei der Hertha betreffen, als (moeglicherweise einer der wenigen) Verfechter Klinsmanns auftrete. Die Antwort darauf ist, dass ich selber schon erlebt habe, wie ein Verein, der jahrzehntelang vor sich hin krautete, zu einem Spitzenklub veraendert wurde, denn genau das geschah ja bei Schalke. Fuer alle diejenigen, die sich nicht erinnern koennen, kommt hier ein kleiner Rueckblick auf die damaligen Ereignisse.
Bis in die 90-er hinein war Schalke ja ein Klub, der seit Jahrzehnten eigentlich keine Erfolge mehr vorzuweisen hatte und seit einem guten Jahrzehnt Fahrstuhl fuhr. Als Kind war es mein groesster Wunsch, dass Schalke mal eine Buli-Saison mit einer positiven Bilanz abschliessen koennte: Zwischen dem Ende der 70-er (76/77, Vizemeister mit Klaus Fischer und Co.) und Platz 3 95/96 (erstmalige Qualifikation fuer den UEFA-Cup seit Jahrzehnten) schaffte Schalke das genau einmal, naemlich 84/85 - mit 34:34 Punkten und einer Tordifferenz von +1. Hurra! Mit anderen Worten, Schalke war mindestens genauso im Arsch und unattraktiv, wie es die Hertha aktuell ist.
1993 stellte Schalke dann aber jemanden in verantwortlicher Position ein, der nicht nur Ambitionen hatte, sondern auch keine Angst, diese Ambitionen oeffentlich zu aeussern: Ich rede natuerlich von Rudi Assauer. Sein "Entweder ich schaffe Schalke, oder Schalke schafft mich" ist ja legendaer, und Assauer scherte sich auch nicht darum, wenn er bei irgendwem mit seinen Ambitionen aneckte. Letzteres ist eine Eigenschaft, die ich fuer essentiell halte, wenn man nach oben will, weil man ja automatisch bei denen aneckt, die man ueberholen will. Es darf einem also nichts ausmachen, unpopulaer zu sein.
Unter Asssauer stellten sich dann recht schnell erste Erfolge ein, z.B. die schon vorher erwaehnte erstmalige Qualifikation fuer den UEFA-Cup seit Jahrzehnten. Es hatte natuerlich viel mit Glueck zu tun, dass man den UEFA-Cup dann auch gleich gewann, d.h. sowas kann man nicht als Erfolg eines Managers verbuchen. Allerdings zeigt sich die Qualitaet eines Managers darin, wie er mit dem auf dem Erfolg basierenden Zuwachs von Fans, Sponsoren und Geld umgeht, und Assauer war wieder ambitioniert: Assauer trieb das Projekt des Stadionneubaus voran und Schalke war auch einer der ersten Klubs mit einem Jugendinternat, wenn ich mich recht erinnere. Aber auch bei Spielerverpflichtungen demonstrierte Assauer, wie wenig ihn die oeffentliche Meinung scherte - ich sag nur Andreas Moeller (und Torsten Legat). Mit Moeller wurde Schalke dann ja fast Meister, vergeigte es aber am vorletzten Spieltag aus Angst vor der eigenen Courage in Stuttgart.
So, und bis hierhin war Schalke immer noch kein Spitzenklub, sondern hatte mal in guten Jahren Ausreisser nach oben. Spitzenklub wurde Schalke erst ab der Saison 04/05, als Assauer und Schalke sich wirklich mit den anderen Spiztenteams anlegten und die Meisterschaft anstrebten. Zur Erinnerung, hier ist ist die Spitzengruppe der Abschlusstabelle 03/04:
1. Bremen
2. Bayern
3. Leverkusen
4. Stuttgart
...
7. Schalke
Torschuetzenkoenig war Ailtion geworden. Und wen verpflichtete Assauer zur neuen Saison? Eben jenen Ailton, und zusaetzlich noch den womoeglich staerksten Abwehrspieler der Liga, naemlich Bordon aus Stuttgart. In der Saison darauf machte Assuaer dasselbe gleich nochmal: Diesmal kamen Krstjaic und Ernst aus Bremen und Kuranyi aus Stuttgart. Alle 5 Spieler waren in ihren Vereinen Stammspieler gewesen und wurden das auch bei Schalke fuer die naechsten Jahre; die einzige Ausnahme war Ailton, welcher trotz 14 Saisontoren schon nach einer Saison wieder abgegeben wurde. Die anderen 4 Spieler bildeten die Basis einer Mannschaft, die dann auf Jahre hinaus eine Spitzenmannschaft war. Um das mal in Zahlen ausuzdurecken:
Schalkes Platzierungen von 91/92 bis 03/04:
11 - 10 - 14 - 11 - 3 - 12 (UEFA-Cup Gewinn) - 5 - 10 - 13 - 2 (DFB-Pokal) - 5 (DFB-Pokal) - 7 - 7
Und von 04/05 bis 13/14:
2 - 4 - 2 - 3 - 8 (unfaehiger Rutten) - 2 - 14 (CL-Halbfinale und DFB-Pokal) - 3 - 4 - 3
Gazprom stieg erst waehrend der Hinrunde der Saison 06/07 als Grosssponsor ein, d.h. zu einem Zeitpunkt, als Schalke seine Ambitionen Richtung ganz oben schon deutlich gemacht und auf dem Feld auch schon unternauert hatte. Assauer war schon ein paar Monate vorher zurueckgetreten, und der neue Manager Andreas Mueller hielt den Verein dann, auch Dank des Geldes von Gazprom, dauerhaft auf dem CL-Niveau.
Ich ziehe aus dem Aufstieg Schalkes zur Spitzenmannschaft folgende Lehren:
1. Wenn man einen Verein voranbringen will, dann muss die im Verein entscheidende Person ambitioniert sein und ihre Ambition auch oeffentlich machen, weil es so leichter ist, die richtigen Unterstuetzer zu gewinnen. Weil diese Person sich dann oeffentlich positioniert, braucht sie auch ein dickes Fell, und Popoularitaet muss ihr vergleichsweise egal sein.
2. Wenn man an anderen vorbei will, insbesondere ganz oben, dann muss man diese anderen auch angreifen. Die Verpflichtungen von Bordon, (Ailton,) Krstajic, Ernst und Kranyi von der direkten Konkurrenz waren es, die Schalke zum dauerhaften CL-Teilnehmer machten. Oder anders: Man kann aus Mittelklasse-Profis auf Dauer keine Spitzenklasse-Mannschaft erzeugen.
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So, und nun zurueck zur Hertha und deren Wunsch, es nach oben zu schaffen. Wenn ich da Klinsmann und Preetz vergleiche, dann sehe ich nur eine Person (natuerlich Klinsmann), die Kriterium 1) erfuellt, und es scheint mir auch wahrscheinlich, dass eher Klinsmann Kriterium 2) umsetzten wuerde. Aber dass Preetz hingeht, und - mal sagen - Gladbach einen Stammspieler aus dem Vertrag wegkauft? Das scheint mir doch sehr unwahrscheinlich.
Ich befuerchte eher, dass "Preetz mit Geld" aehnlich ist wie "HSV mit Geld": Es wird einfach permanent Mittelklasse geholt, wobei man aber brav immer irgendwelche Abloesesummen abdrueckt. Nach ein paar Jahren wundert man sich dann, wo denn das schoene Geld geblieben ist, obwohl die Mannschaft doch gar nicht staerker geworden ist.