Gladbach fordert Liverpool
Europacup-Historie soll sich nach 30 Jahren wiederholen
Von Udo Muras
Nachdem zuletzt immer wieder von Menschen zu lesen war, die zwar
ins Stadion gehen, aber in Wahrheit keine Anhaenger des Fussballs
sind, freut uns diese beinahe romantische Geschichte aus dem Lager
der echten Fans.
Unter den Anhaengern von Borussia Moenchengladbach gibt es
Bestrebungen, einen der letzten grossen Europacup-Tage des Klubs
wieder aufleben zu lassen. Sie wollen im naechsten Sommer, 30
Jahre nach dem Finale im Landesmeister-Wettbewerb gegen den FC
Liverpool, eine Neuauflage erwirken. Natuerlich mit den aktuellen
Mannschaften, am besten in Hin- und Rueckspiel.
Sie haben zu diesem Zweck per Internet auf einer eigens
geschaffenen Homepage (
The Liverpool&Gladbach Friendship Site) mehr als
4000 Unterschriften gesammelt. Selbst aus Australien und Japan.
Eine Delegation der Fanbetreuung war neulich bereits in Liverpool
und ueberreichte die Liste dem Vereins-Geschaeftsfuehrer Rick
Parry, der sich vorsichtig optimistisch aeusserte. Die feine
englische Art eben. Am Sonntag vor dem Heimspiel gegen Hannover
96 wird die Petition auch dem Borussia-Vorstand uebergeben.
Mit Nachdruck.
"Wir versuchen das Spiel schon seit Jahren zu bekommen", sagt der
Fanbeauftragte Thomas Weinmann. "es kann doch nicht sein, dass die
in der Vorbereitung gegen Mainz und Koeln spielen, aber nie gegen uns."
Wo sie doch einen besonderen Anspruch reklamieren duerfen.
Das Verhaeltnis zwischen den Fan-Lagern, muss man wissen,
ist sehr speziell. "Eigentlich kennen englische Supporters keine
Fan-Freundschaften, doch Borussia gilt als "friendly club'",
erklaert Weinmann. Was nichts mit dem Finale von Rom zu tun hat,
das die Englaender damals 3:1 gewannen. Sondern mit einer der
groessten Katastrophen in der Geschichte des Fussballs.
Als 1989 in Sheffield 96 Liverpooler Anhaenger ums Leben kamen,
weil die Polizei immer mehr Menschen in den schon ueberfuellten
Block getrieben hatte und schliesslich die Zaeune brachen,
spendeten Borussias Fans spontan fuer die Hinterbliebenen.
Offenbar als einziger auslaendischer Klub.
Es entstand ein herzlicher Kontakt, seit 1992 reisen in jedem
Winter mehr als 100 Moenchengladbacher nach Liverpool zu einem
Spiel ihres englischen Lieblingsklubs.
Bloss gegeneinander spielen die Teams seit Jahrzehnten nicht,
zumal sie nicht mehr auf Augenhoehe sind. Borussias Fans erleben
Europapokal-Naechte ja nur noch auf alten Videos, waehrend
Liverpool zuletzt 2005 in einem denkwuerdigen Finale gegen den AC
Mailand die Champions League gewonnen.
Nun, anlaesslich des Jubilaeums, soll es zumindest wieder ein
gefuehltes Europacup-Spiel im Gladbacher Nordpark geben.
Weinmann hegt keine Zweifel, dass das Stadion ausverkauft sei:
"Da kommen garantiert 52 000 Zuschauer."
Dieser Eingriff von aussen in die Saisonvorbereitung muesste
zuerst beim Trainer auf Widerspruch stossen, doch bei Jupp
Heynckes rennen sie offene Tueren ein.
Kein Wunder, der stand ja damals in Rom selbst auf dem Platz.
Heynckes versprach den Fans schon: "Ihr braucht eigentlich keine
Unterschriften zu sammeln. Zwei Anrufe von mir, und der Fall ist
erledigt." Er baut auf deine guten Kontakte zu Liverpools Trainer
Rafael Benitez.
Dennoch ist es nicht so einfach, wie er denkt. Die Liverpooler
rufen fuer ein Testspiel locker mal 250 000 Euro auf. Bei Borussia
gruebeln sie nun, ob ihnen der Traum von 4000 Fans so viel wert
ist. Immerhin, Manager Peter Pander verbreitet leise Hoffnung.
"Wenn wir eine Chance haben, werden wir es tun."
Sie waere gar nicht so schlecht, sollten sie auch in Liverpool
das schoene deutsche Wort "Freundschaftspreis" kennen.