Paule
PTL-Team-Weltmeister 2010
FC Kölle blieb nur das Feiern (I)
Ja, Paule ist mal wieder über seinen Schatten gesprungen und in einem Fußball-Bundesliga-Stadion gelandet. Zum ersten Mal in dieser Saison. Premiere in Köln am Freitagabend (15. Oktober), und was für eine. Super-Stimmung in der Rhein-Energie-Arena, starke Fans auf beiden Seiten, ein jederzeit packendes Spiel zwischen dem FC Kölle und BVB Lüdenscheid – pardon: dem 1. FC Köln und Borussia Dortmund, da hat sich der Aufwand doch wirklich gelohnt.
Etwas überraschend ist diese Möglichkeit gekommen. Ein beruflicher Termin in Bensberg (Bergisch Gladbach) verschob sich um ein einen Tag, und der Zufall wollte es, dass an diesem Freitag Köln und Dortmund das Abendspiel bestreiten. Die erste Reaktion ist freudig-gespannt, die zweite verhalten skeptisch: Bestimmt ausverkauft. So war es denn auch. Aber welch ein Glück, dass der DFB den Bundesliga-Club ein Schiedsrichter-Kontingent aufgibt.
Also im Rahmen des Autofahrtermins klären, wie das so in Köln abgeht. Wiederum ein positiver Umstand: Der neue Citroen-Pressesprecher ist Dauerkarteninhaber beim FC. Also hat er echte Insidertipps parat. So macht sich Paule um 14.45 Uhr von der Kadettenstraße in Bensberg mit einem flotten Seat Exeo auf in die Innenstadt. Das Navi zeigt den Weg zum Rudolfplatz, ganz in der Nähe vom Neumarkt. Zwei Ehrenrunden im Nahbereich weiter steht das Auto im Barcelo-Parkhaus und Paule erkundet zu Fuß erst mal die Innenstadt.
Kurz vor 16 Uhr ist es noch ausgesprochen ruhig und entspannt. Zwei junge Kölner Fans um 16.09 gesichtet, 20 Minuten später die ersten Dortmunder. Wo sind die denn alle? Bei Früh am Dom, wo denn sonst. Hier gönnen sich vor allem BVB-Fans einige Glas Kölsch, spekulieren aber auch zwei junge Kölle-Anhänger bei Paule am Tisch über die Erfolgsaussichten. Immerhin, für den Klo-Mann des Hauses ist klar: „Der FC gewinnt, Poldi macht das Tor.“ Damit soll er nur in einem und dem unwesentlicheren Punkt Recht behalten.
Paule lässt sich Zeit beim Rückweg und Anmarsch ins Stadion. Zwei Stunden vor dem Anpfiff werden allgemein die Schiri-Kassen geöffnet, also 18.30 Uhr als Zeitmarke. Am besten etwas früher. Straßenbahnlinie 1 hat der Citroen-Manager als die richtige bezeichnet. Darin sind dann so 17.30 Uhr rum schon deutlich mehr Fußballfans in Montur, und wieder vornehmlich Schwarz-Gelbe. Aber die Mehrheit sind sie noch nicht. Aussteigen am Haltepunkt Rhein-Energie-Stadion. Also doch keine Arena. Oder?
Der Weg bis zum Stadionbereich ist kurz, die Sicherheitskräfte im Eingangsbereich sind informiert, auf geht's zur Schiri-Kasse Süd-Ost. Imponierend präsentiert sich die Arena, aber es sind noch kaum Leute da. Gerade ziehen innen die auffallend gekleideten Helfer ein, da kommt der erste kleine Schreck: Eine Riesenschlange vor der Schiri-Kasse. Erster Abgleich, das muss eigentlich dicke reichen. Wäre auch völlig unproblematisch gewesen, hätte sich die Schlange anfangs nicht verlängert, sondern auf merkwürdige Art und Weise im vorderen Bereich immer mehr verbreitert. Deutlich mehr als eine Stunde soll es dauern, bis ich meine Karte sicher habe, unmittelbar vor einer 22-er Gruppe aus Berlin, die als Letzte Einlass findet; sicherlich so 50 bis 100 weitere Interessierte gehen leer aus.
Aus dieser ebenfalls spannenden Wartestunde nur ein kleines Detail: Warum trifft Paule genau den Schiri-Kollegen, der jetzt in Düsseldorf wohnt, in mehreren Landesverbänden schon aktiv war und als Nordhesse einst genau ein Spiel in Elliehausen pfiff, wo doch der damalige Bezirksliga- und heutige Kreisliga-Club SV Gelb-Weiß Elliehausen im Kreis Göttingen genau sein Verein ist? Es war mal wieder bewiesen: Die Welt ist klein.
Die Karte einstecken und das hier gewiss merkwürdig anmutende HSV-Käppi aufziehen ist dann eins. Denn inzwischen regnet es in Strömen. Darauf weist auch Reporter-Legende Manni Breukmann gerade hin, der an diesem Abend sein Rentner-Dasein durch eine Moderation am Stand des Nahverkehrs Rheinland aufmuntert und sicher auch finanziell aufbessert. Die Stimme ist unverkennbar, eine Radioreportage oder auch ein Doppelpass-Engagement waren/sind deutlich spannender.
Ein Hotdog (3 Euro, individuell zu garnieren und schmackhaft) später geht es auf Sitzplatzsuche. Ist ganz übersichtlich im früheren Müngersdorfer Stadion, das längst allen modernen Erfordernissen entspricht, optisch, baulich und wie sich im Laufe des Abends herausstellt auch komfortmäßig. West-Oberrang-Besucher haben dabei das Privileg, vielen VIP- und sonstigen Lounge-Gästen direkt auf den Teller und in das Bierglas schauen zu können. „So etwas habe ich ja auch immer noch nicht erlebt“, schießt Paule durch den Kopf, aber er liebt es doch ohnehin mehr aus der üblichen Fan-Perspektive.
Der Schiri-Platz West, Reihe 14, Platz 17, ist 19.45 Uhr eingenommen. Allenfalls stören kleine Stahlverstrebungen direkt vor den Knien etwas, aber darüber kann man im wahrsten Sinne des Wortes hinweg sehen (oder hindurch). Ansonsten beste Übersicht, fast in Höhe der Mittellinie. Wirklich gut, der Kölner Service.
Die erste Orientierung zeigt schon: BVB ist hier stark vertreten. Der wie üblich relativ kleine Fan-Block in der Nord-Ost-Ecke weitet sich nach beiden Seiten in ziemlicher Breite aus. BVB hat zunächst die stimmliche Macht, denn die Kölle-Südtribüne ist zu diesem Zeitpunkt kaum zur Hälfte besetzt.
Die Vorfreude auf den Anpfiff wächst, als sich die unmittelbare Sitznachbarschaft komplettiert. Zwei Sitze neben Paule ein FCK-Fan im besten Alter, direkt neben mir eine gebürtige Italienerin aus einem Ort in 40 km-Entfernung mit fettem BVB-Schal. Das wird bestimmt interessant.
Teil 2: Spielbericht
Spielbeginn in Köln am Freitagabend, 15. Oktober: Zwei Minuten später als offiziell angesetzt lässt Schiedsrichter Günter Perl mit einem lauten Pfiff die Partie zwischen dem 1. FC Köln und Borussia Dortmund beginnen. Grund dafür ist die Ouvertüre, die dem Traditionsspiel zwischen dem Rheinland und dem Ruhrgebiet gerecht geworden ist.
Gewissermaßen zu Paules Füßen haben zunächst Jürgen Klopp und Svonimir Soldo den entfernten Berufskollegen von Sky Wichtiges oder wahrscheinlich eher Unwesentliches zu Protokoll gegeben. Abo-Fernsehgucker wissen mehr. Der italienisch-stämmigen BVB-Nachbarin und dem daneben sitzenden Kölle-Anhänger habe ich erzählt, dass ich neutral in das Spiel gehe, allerdings ein Ergebnis von 1:3 getippt habe und insofern schon eher auf einen Sieg der Gäste hoffe. Und dass ich nicht anders kann, als die Mannschaftsaufstellung schriftlich zu erfassen und einige Notizen zu machen.
Das erste wird schwierig, da der Kölner Stadionsprecher wohl ganz bewusst die BVB-Namen herunterrattert, um deutlich mehr Zeit für die Aufstellung der Gastgeber zu haben. Letztere werden begeistert beklatscht, doch das ändert sich mehr als auffällig beim Trainer: Selten habe ich bei einer Präsentation an einem 8. Spieltag so viele Pfiffe aus der Anhängerschar gehört, wie sie als Reaktion auf den Namen Soldo kommen. Dabei habe ich doch in der Stadt von vielen Seiten gehört, dass die Mannschaft aktuell wohl nicht durchgehend eine besondere Klasse habe, die Zuschauer aber wie eine Wand hinter dem FC Kölle stünden. Das scheint dann für den Trainer wohl wirklich überhaupt nicht zuzutreffen.
Bei der FC-Hymne allerdings steht die Wand: Der Südniedersachse aus dem Kernland des Hochdeutschen freut sich, dass auf dem Video-Bild der Text mitläuft, die Südtribüne ist eine Lautstärkequell besonderer Art, visualisiert durch rot-weiß-rote Schals und Alu-Streifen. Der Genuss fürs Auge erreicht dann aber seinen Höhepunkt, als wie auf ein Geheimzeichen rot und weiß gescheckte Bereiche entfalten und sich dazu in der Mitte die Dom-Silhoutte die Tribüne hinauf bewegt. Eine Choreo vom Feinsten. Respekt, Bewunderung, so recht fehlen da die Worte. Deutsches Fan-Tum hat wunderbare Seiten. Ein Eindruck, der den ganzen Abend hindurch erhalten bleibt.
Dass der BVB-Bus zuvor schon ein Steineloch hat hinnehmen müssen, wird erst bei der Rückfahrt in der dicht gedrängt vollen Linie 1 Richtung City deutlich. Aber so schlimm ist das wohl nicht gewesen, wie in einer durchaus freundschaftlich miteinander umgehenden Gruppe von beiden Seiten festgestellt werden wird.
Also, los geht's. Die Kölner haben etwas vor, das wird von Anfang an auf dem Platz deutlich. Sich gegen die spielerische Dominanz, das enorme Lauf- und Kombinationsspiel der Dortmunder mit Einsatz und Laufbereitschaft wehren, dieses Signal setzt vor allem Prinz Poldi. Er schöpft den Rahmen des Erlaubten aus in den Zweikämpfen, aber nur so kann es tatsächlich gehen. Denn schnell wird klar: Jürgen Klopp hat dem BVB seinen Stempel aufgedrückt, und im Stadion wird das noch mehr deutlich als es Fernsehkameras je zu zeigen vermögen. Direktspiel, irre Laufwege, Pässe im richtigen Moment: da können die Kölner nur durch Disziplin und Einsatz etwas dagegen halten. Dortmund kreiert die erste Chance, aber Kölle – frenetisch von den Fans unterstützt – versucht zu kontern. Aber gefährlich ist wirklich nur einer, Podolski, wie sein erster Alu-Treffer in der Anfangsphase zeigt.
Aber gegen diesen BVB reicht das nicht. Das 0:1 ist die folgerichtige Konsequenz. Von der Tribüne aus machen wir gemeinsam Barios als Torschützen aus – die italienische Nachbarin gerät zum ersten Mal außer Kontrolle – und Paule hätte das auch gerne, weil er eben diesen als ersten Torschützen des Spieltags getippt hat, aber dann war es doch Kuba. So wie sich die Mannschaften fürderhin auf dem Spielfeld in vielen Duellen aufreiben, so versucht die BVB-Gemeinde der Südtribüne Stand zu halten – und hat damit zunehmend mehr Erfolg, je länger die Halbzeit dauert. Zur Pause ist sich Reihe 14 Platz 17 – 15 einig, dass trotz aller Gegenwehr die Dortmunder einen höheren Vorsprung vergeben haben, auch weil Köln Ersatztorwart eine mehr als respektable Leistung zeigt.
Die Pause dient dem weiteren Stadioncheck. Eine Zwischenmahlzeit soll es sein, Getränk und etwas zu essen. Kurze Schlange bei K`toffel, aber abruptes Hindernis. Der Vordermann zahlt mit spezieller Karte – auch das in Köln. Damit wird es mit dem Imbiss wohl nichts mehr bis zum Wiederanpfiff. Denkste. In unmittelbarer Nähe steht ein auffällig gekleideter Karten-Service-Mann, der sein Metier routiniert beherrscht. Zwei Euro Pfand bei 10 Euro Mindestumsatz – naja. Dann bleibt kein Geld für die Currywurst. Aber die Pommes ist reichlich, die Cola kalt – in Ordnung, 1,75 Euro Rest.
Für den auswärtigen Gelegenheits-Fan allerdings sind Pfand und 1,75 Euro gleichwohl verloren. Denn nach dem Spiel wird kein Gedanke mehr an die Rückgabe verschwendet. Ein netter Kölner in der Linie 1 darf sich über das kleine Geschenk freuen und tut es auch.
Nach der Pause tut sich Dortmund zunehmend schwerer. Irgendwie wollen die Ballstaffetten nicht mehr klappen, werden die Beine des Mittelfeldrenners Kigawa offensichtlich lahmer. Dennoch: bei allen Kölle-Bemühungen, die Dortmunder haben die zwingenderen Chancen. Als der gerade eingewechselte Lewandowsky eine solche in der 79. Minute wieder verpasst, erzählt Paule der Nachbarin etwas von den Gesetzen des Fußballs und es dauert kaum 60 Sekunden, bis Podolski, ausgerechnet Podolski, den Ausgleich erzielt. Klasse, Poldi, das war ein Sahneschuss. Die etwas eingeschlafene Südtribüne ist wieder da und peitscht die Ihrigen endlich wieder nach vorn. Aber das Ende wird kein gutes für Köln. Poldi streitet sich im Mittelfeld mit einem Dortmunder, von oben ist nicht zu erkennen, dass es sich um Sahin handelt. Als das vermeintliche 2:1 der Kölner nicht anerkannt wird, mobilisiert BVB alle Kräfte, mit dem bekannten Ende durch ausgerechnet Sahin.
Sekündlich brechen sich die Emotionen Bahn. Weidenfellers Ausflug bis weit in die gegnerische Hälfte zum Kollektivjubel führt zum Kopfschütteln beim neutralen Beobachter. Ob Perl dann wirklich Gelb gegeben hat, ist im Tumult auf dem Rasen und auf den Rängen kaum auszumachen. Kölner Zuschauer resignieren, die Südtribüne ist beherrscht vom gähnenden Entsetzen, massenweise strömen Fans zum Ausgang, Stille.
Am Ende bleibt den Kölnern nicht mal mehr das Feiern bis zum Ende, der sicher geglaubte Hoffnungsschimmer eines Punktes ist weg, das Team findet sich auf Rang 17 in der Tabelle wieder.
Für Paule bleibt nur noch der Rückweg. Der hat es in sich. Mit Linie 1 zum Rudolfplatz, dann knapp 400 Kilometer im unablässig fallenden Regen nach Göttingen, daheim 2.48 Uhr. Das nächste Mal gönne ich mir in so einer Situation vielleicht doch ein weiteres Hotelzimmer.
[FONT="]Dass „Kölle“ zu den Teams gehören dürfte, die lange mit dem Abstieg zu tun haben, scheint für mich klar. In diesem Kampf können Vereine aber nur in Gemeinsamkeit bestehen. Ob die im Moment gegeben ist, scheint mir nicht so gegeben, wie es notwendig ist.[/FONT]

Ja, Paule ist mal wieder über seinen Schatten gesprungen und in einem Fußball-Bundesliga-Stadion gelandet. Zum ersten Mal in dieser Saison. Premiere in Köln am Freitagabend (15. Oktober), und was für eine. Super-Stimmung in der Rhein-Energie-Arena, starke Fans auf beiden Seiten, ein jederzeit packendes Spiel zwischen dem FC Kölle und BVB Lüdenscheid – pardon: dem 1. FC Köln und Borussia Dortmund, da hat sich der Aufwand doch wirklich gelohnt.
Etwas überraschend ist diese Möglichkeit gekommen. Ein beruflicher Termin in Bensberg (Bergisch Gladbach) verschob sich um ein einen Tag, und der Zufall wollte es, dass an diesem Freitag Köln und Dortmund das Abendspiel bestreiten. Die erste Reaktion ist freudig-gespannt, die zweite verhalten skeptisch: Bestimmt ausverkauft. So war es denn auch. Aber welch ein Glück, dass der DFB den Bundesliga-Club ein Schiedsrichter-Kontingent aufgibt.
Also im Rahmen des Autofahrtermins klären, wie das so in Köln abgeht. Wiederum ein positiver Umstand: Der neue Citroen-Pressesprecher ist Dauerkarteninhaber beim FC. Also hat er echte Insidertipps parat. So macht sich Paule um 14.45 Uhr von der Kadettenstraße in Bensberg mit einem flotten Seat Exeo auf in die Innenstadt. Das Navi zeigt den Weg zum Rudolfplatz, ganz in der Nähe vom Neumarkt. Zwei Ehrenrunden im Nahbereich weiter steht das Auto im Barcelo-Parkhaus und Paule erkundet zu Fuß erst mal die Innenstadt.
Kurz vor 16 Uhr ist es noch ausgesprochen ruhig und entspannt. Zwei junge Kölner Fans um 16.09 gesichtet, 20 Minuten später die ersten Dortmunder. Wo sind die denn alle? Bei Früh am Dom, wo denn sonst. Hier gönnen sich vor allem BVB-Fans einige Glas Kölsch, spekulieren aber auch zwei junge Kölle-Anhänger bei Paule am Tisch über die Erfolgsaussichten. Immerhin, für den Klo-Mann des Hauses ist klar: „Der FC gewinnt, Poldi macht das Tor.“ Damit soll er nur in einem und dem unwesentlicheren Punkt Recht behalten.
Paule lässt sich Zeit beim Rückweg und Anmarsch ins Stadion. Zwei Stunden vor dem Anpfiff werden allgemein die Schiri-Kassen geöffnet, also 18.30 Uhr als Zeitmarke. Am besten etwas früher. Straßenbahnlinie 1 hat der Citroen-Manager als die richtige bezeichnet. Darin sind dann so 17.30 Uhr rum schon deutlich mehr Fußballfans in Montur, und wieder vornehmlich Schwarz-Gelbe. Aber die Mehrheit sind sie noch nicht. Aussteigen am Haltepunkt Rhein-Energie-Stadion. Also doch keine Arena. Oder?
Der Weg bis zum Stadionbereich ist kurz, die Sicherheitskräfte im Eingangsbereich sind informiert, auf geht's zur Schiri-Kasse Süd-Ost. Imponierend präsentiert sich die Arena, aber es sind noch kaum Leute da. Gerade ziehen innen die auffallend gekleideten Helfer ein, da kommt der erste kleine Schreck: Eine Riesenschlange vor der Schiri-Kasse. Erster Abgleich, das muss eigentlich dicke reichen. Wäre auch völlig unproblematisch gewesen, hätte sich die Schlange anfangs nicht verlängert, sondern auf merkwürdige Art und Weise im vorderen Bereich immer mehr verbreitert. Deutlich mehr als eine Stunde soll es dauern, bis ich meine Karte sicher habe, unmittelbar vor einer 22-er Gruppe aus Berlin, die als Letzte Einlass findet; sicherlich so 50 bis 100 weitere Interessierte gehen leer aus.
Aus dieser ebenfalls spannenden Wartestunde nur ein kleines Detail: Warum trifft Paule genau den Schiri-Kollegen, der jetzt in Düsseldorf wohnt, in mehreren Landesverbänden schon aktiv war und als Nordhesse einst genau ein Spiel in Elliehausen pfiff, wo doch der damalige Bezirksliga- und heutige Kreisliga-Club SV Gelb-Weiß Elliehausen im Kreis Göttingen genau sein Verein ist? Es war mal wieder bewiesen: Die Welt ist klein.
Die Karte einstecken und das hier gewiss merkwürdig anmutende HSV-Käppi aufziehen ist dann eins. Denn inzwischen regnet es in Strömen. Darauf weist auch Reporter-Legende Manni Breukmann gerade hin, der an diesem Abend sein Rentner-Dasein durch eine Moderation am Stand des Nahverkehrs Rheinland aufmuntert und sicher auch finanziell aufbessert. Die Stimme ist unverkennbar, eine Radioreportage oder auch ein Doppelpass-Engagement waren/sind deutlich spannender.
Ein Hotdog (3 Euro, individuell zu garnieren und schmackhaft) später geht es auf Sitzplatzsuche. Ist ganz übersichtlich im früheren Müngersdorfer Stadion, das längst allen modernen Erfordernissen entspricht, optisch, baulich und wie sich im Laufe des Abends herausstellt auch komfortmäßig. West-Oberrang-Besucher haben dabei das Privileg, vielen VIP- und sonstigen Lounge-Gästen direkt auf den Teller und in das Bierglas schauen zu können. „So etwas habe ich ja auch immer noch nicht erlebt“, schießt Paule durch den Kopf, aber er liebt es doch ohnehin mehr aus der üblichen Fan-Perspektive.
Der Schiri-Platz West, Reihe 14, Platz 17, ist 19.45 Uhr eingenommen. Allenfalls stören kleine Stahlverstrebungen direkt vor den Knien etwas, aber darüber kann man im wahrsten Sinne des Wortes hinweg sehen (oder hindurch). Ansonsten beste Übersicht, fast in Höhe der Mittellinie. Wirklich gut, der Kölner Service.
Die erste Orientierung zeigt schon: BVB ist hier stark vertreten. Der wie üblich relativ kleine Fan-Block in der Nord-Ost-Ecke weitet sich nach beiden Seiten in ziemlicher Breite aus. BVB hat zunächst die stimmliche Macht, denn die Kölle-Südtribüne ist zu diesem Zeitpunkt kaum zur Hälfte besetzt.
Die Vorfreude auf den Anpfiff wächst, als sich die unmittelbare Sitznachbarschaft komplettiert. Zwei Sitze neben Paule ein FCK-Fan im besten Alter, direkt neben mir eine gebürtige Italienerin aus einem Ort in 40 km-Entfernung mit fettem BVB-Schal. Das wird bestimmt interessant.
Teil 2: Spielbericht
Spielbeginn in Köln am Freitagabend, 15. Oktober: Zwei Minuten später als offiziell angesetzt lässt Schiedsrichter Günter Perl mit einem lauten Pfiff die Partie zwischen dem 1. FC Köln und Borussia Dortmund beginnen. Grund dafür ist die Ouvertüre, die dem Traditionsspiel zwischen dem Rheinland und dem Ruhrgebiet gerecht geworden ist.
Gewissermaßen zu Paules Füßen haben zunächst Jürgen Klopp und Svonimir Soldo den entfernten Berufskollegen von Sky Wichtiges oder wahrscheinlich eher Unwesentliches zu Protokoll gegeben. Abo-Fernsehgucker wissen mehr. Der italienisch-stämmigen BVB-Nachbarin und dem daneben sitzenden Kölle-Anhänger habe ich erzählt, dass ich neutral in das Spiel gehe, allerdings ein Ergebnis von 1:3 getippt habe und insofern schon eher auf einen Sieg der Gäste hoffe. Und dass ich nicht anders kann, als die Mannschaftsaufstellung schriftlich zu erfassen und einige Notizen zu machen.
Das erste wird schwierig, da der Kölner Stadionsprecher wohl ganz bewusst die BVB-Namen herunterrattert, um deutlich mehr Zeit für die Aufstellung der Gastgeber zu haben. Letztere werden begeistert beklatscht, doch das ändert sich mehr als auffällig beim Trainer: Selten habe ich bei einer Präsentation an einem 8. Spieltag so viele Pfiffe aus der Anhängerschar gehört, wie sie als Reaktion auf den Namen Soldo kommen. Dabei habe ich doch in der Stadt von vielen Seiten gehört, dass die Mannschaft aktuell wohl nicht durchgehend eine besondere Klasse habe, die Zuschauer aber wie eine Wand hinter dem FC Kölle stünden. Das scheint dann für den Trainer wohl wirklich überhaupt nicht zuzutreffen.
Bei der FC-Hymne allerdings steht die Wand: Der Südniedersachse aus dem Kernland des Hochdeutschen freut sich, dass auf dem Video-Bild der Text mitläuft, die Südtribüne ist eine Lautstärkequell besonderer Art, visualisiert durch rot-weiß-rote Schals und Alu-Streifen. Der Genuss fürs Auge erreicht dann aber seinen Höhepunkt, als wie auf ein Geheimzeichen rot und weiß gescheckte Bereiche entfalten und sich dazu in der Mitte die Dom-Silhoutte die Tribüne hinauf bewegt. Eine Choreo vom Feinsten. Respekt, Bewunderung, so recht fehlen da die Worte. Deutsches Fan-Tum hat wunderbare Seiten. Ein Eindruck, der den ganzen Abend hindurch erhalten bleibt.
Dass der BVB-Bus zuvor schon ein Steineloch hat hinnehmen müssen, wird erst bei der Rückfahrt in der dicht gedrängt vollen Linie 1 Richtung City deutlich. Aber so schlimm ist das wohl nicht gewesen, wie in einer durchaus freundschaftlich miteinander umgehenden Gruppe von beiden Seiten festgestellt werden wird.
Also, los geht's. Die Kölner haben etwas vor, das wird von Anfang an auf dem Platz deutlich. Sich gegen die spielerische Dominanz, das enorme Lauf- und Kombinationsspiel der Dortmunder mit Einsatz und Laufbereitschaft wehren, dieses Signal setzt vor allem Prinz Poldi. Er schöpft den Rahmen des Erlaubten aus in den Zweikämpfen, aber nur so kann es tatsächlich gehen. Denn schnell wird klar: Jürgen Klopp hat dem BVB seinen Stempel aufgedrückt, und im Stadion wird das noch mehr deutlich als es Fernsehkameras je zu zeigen vermögen. Direktspiel, irre Laufwege, Pässe im richtigen Moment: da können die Kölner nur durch Disziplin und Einsatz etwas dagegen halten. Dortmund kreiert die erste Chance, aber Kölle – frenetisch von den Fans unterstützt – versucht zu kontern. Aber gefährlich ist wirklich nur einer, Podolski, wie sein erster Alu-Treffer in der Anfangsphase zeigt.
Aber gegen diesen BVB reicht das nicht. Das 0:1 ist die folgerichtige Konsequenz. Von der Tribüne aus machen wir gemeinsam Barios als Torschützen aus – die italienische Nachbarin gerät zum ersten Mal außer Kontrolle – und Paule hätte das auch gerne, weil er eben diesen als ersten Torschützen des Spieltags getippt hat, aber dann war es doch Kuba. So wie sich die Mannschaften fürderhin auf dem Spielfeld in vielen Duellen aufreiben, so versucht die BVB-Gemeinde der Südtribüne Stand zu halten – und hat damit zunehmend mehr Erfolg, je länger die Halbzeit dauert. Zur Pause ist sich Reihe 14 Platz 17 – 15 einig, dass trotz aller Gegenwehr die Dortmunder einen höheren Vorsprung vergeben haben, auch weil Köln Ersatztorwart eine mehr als respektable Leistung zeigt.
Die Pause dient dem weiteren Stadioncheck. Eine Zwischenmahlzeit soll es sein, Getränk und etwas zu essen. Kurze Schlange bei K`toffel, aber abruptes Hindernis. Der Vordermann zahlt mit spezieller Karte – auch das in Köln. Damit wird es mit dem Imbiss wohl nichts mehr bis zum Wiederanpfiff. Denkste. In unmittelbarer Nähe steht ein auffällig gekleideter Karten-Service-Mann, der sein Metier routiniert beherrscht. Zwei Euro Pfand bei 10 Euro Mindestumsatz – naja. Dann bleibt kein Geld für die Currywurst. Aber die Pommes ist reichlich, die Cola kalt – in Ordnung, 1,75 Euro Rest.
Für den auswärtigen Gelegenheits-Fan allerdings sind Pfand und 1,75 Euro gleichwohl verloren. Denn nach dem Spiel wird kein Gedanke mehr an die Rückgabe verschwendet. Ein netter Kölner in der Linie 1 darf sich über das kleine Geschenk freuen und tut es auch.
Nach der Pause tut sich Dortmund zunehmend schwerer. Irgendwie wollen die Ballstaffetten nicht mehr klappen, werden die Beine des Mittelfeldrenners Kigawa offensichtlich lahmer. Dennoch: bei allen Kölle-Bemühungen, die Dortmunder haben die zwingenderen Chancen. Als der gerade eingewechselte Lewandowsky eine solche in der 79. Minute wieder verpasst, erzählt Paule der Nachbarin etwas von den Gesetzen des Fußballs und es dauert kaum 60 Sekunden, bis Podolski, ausgerechnet Podolski, den Ausgleich erzielt. Klasse, Poldi, das war ein Sahneschuss. Die etwas eingeschlafene Südtribüne ist wieder da und peitscht die Ihrigen endlich wieder nach vorn. Aber das Ende wird kein gutes für Köln. Poldi streitet sich im Mittelfeld mit einem Dortmunder, von oben ist nicht zu erkennen, dass es sich um Sahin handelt. Als das vermeintliche 2:1 der Kölner nicht anerkannt wird, mobilisiert BVB alle Kräfte, mit dem bekannten Ende durch ausgerechnet Sahin.
Sekündlich brechen sich die Emotionen Bahn. Weidenfellers Ausflug bis weit in die gegnerische Hälfte zum Kollektivjubel führt zum Kopfschütteln beim neutralen Beobachter. Ob Perl dann wirklich Gelb gegeben hat, ist im Tumult auf dem Rasen und auf den Rängen kaum auszumachen. Kölner Zuschauer resignieren, die Südtribüne ist beherrscht vom gähnenden Entsetzen, massenweise strömen Fans zum Ausgang, Stille.
Am Ende bleibt den Kölnern nicht mal mehr das Feiern bis zum Ende, der sicher geglaubte Hoffnungsschimmer eines Punktes ist weg, das Team findet sich auf Rang 17 in der Tabelle wieder.
Für Paule bleibt nur noch der Rückweg. Der hat es in sich. Mit Linie 1 zum Rudolfplatz, dann knapp 400 Kilometer im unablässig fallenden Regen nach Göttingen, daheim 2.48 Uhr. Das nächste Mal gönne ich mir in so einer Situation vielleicht doch ein weiteres Hotelzimmer.
[FONT="]Dass „Kölle“ zu den Teams gehören dürfte, die lange mit dem Abstieg zu tun haben, scheint für mich klar. In diesem Kampf können Vereine aber nur in Gemeinsamkeit bestehen. Ob die im Moment gegeben ist, scheint mir nicht so gegeben, wie es notwendig ist.[/FONT]

Zuletzt bearbeitet von einem Moderator: