(on Tour) HSV - Cottbus

Dilbert

Pils-Legende
16. Spieltag 2007 - 2008

Mahlzeit!

Ich könnte es ganz kurz machen, und einfach nur "GRUNZ" schreiben, damit wäre eigentlich alles gesagt. Aber weil das ja irgendwie ein bisschen langweilig ist: Bitteschön!

Während Günter, Volker (der sein wohl vorerst letztes Bundesliga-Heimspiel mitmachte und nächstes Jahr wegen einer Kur vier Monate ausfällt... Du wirst unserer traditionellen Fahrgemeinschaft und den Schwarzmarktkartenhändlern fehlen, Alter!) und Daniel sich im Zug die ersten Kaltgetränke reinpfiffen, tobte ich nach nur zwei Stunden Schlaf inner Nacht hundemüde durch die Seniorenresidenz, um den dort wohnenden Leuten möglichst zackig das Leben schöner, zu machen und mir selbst einen sauberen und vor allem frühzeitigen Abgang zu verschaffen. Und was ist schöner, als zur Mittagspause möglichst früh inner Koje zu liegen? Genau, gar nix. Deshalb waren sämtliche Schlafmützen schon um halb eins in ihren Furzmulden zu finden, und ich kurz darauf inner Umkleidekabine.

Tja, sogar meine "Ich will schnell Feieraaamt machen"-Metalität dieses Tages hatte für meine Mitarbeites etwas gutes. Denn während ich gerade den Zündschlüssel inner Hand hatte, und meine Kollegen drin mit irgendetwas anderem beschäftigt waren, wollte sich Oma Anna klammheimlich aus dem Staub machen. Hätte ich nicht im Auto gesessen, hätte das wahrscheinlich vorerst keiner gemerkt. So konnte ich sie davon abhalten zu ihrer ehemaligen Wohnung oder sonstwohin zu verschwinden, und ersparte der Polente ausserdem einen erneuten "Anna-Sucheinsatz". War ja nicht das erste mal, dass sie ´nen langen Schuh gemacht hat. Wobei sie das nicht aus Gehässigkeit uns gegenüber macht, sondern einfach, weil sie ständig vergisst, dass sie ja seit zwei Jahren bei uns ihr Zuhause hat. Zitat von vor ein paar Wochen, als sie mal wieder von jemandem aus der Nachbarschaft aufgegabelt und in Sicherheit gebracht wurde: "Pass auf, irgendwann stecken die mich noch ins Altenheim. Da will ich gar nicht hin..."

Nachdem die gute Tat vollbracht war, konnte ich meine Karre starten und mich auf den Weg nach Hamburg machen. Dabei geriet ich auf der A7 natürlich in die einzige Regenwolke weit und breit, und da ich seit letzte Woche Donnerstag noch nicht dazu gekommen war neue Scheibenwischer zu besorgen, war erstmal eine Art halber Blindflug angesagt, der aber zum Glück nach ca. 20 Kilometern wieder vorbei war. Ansonsten kam ich trotz Staumeldung in Hamburg gut durch, und hatte nach gerade mal 70 Minuten Fahrzeit meinen Astra bei Reifen-Herbert abgestellt.

Hmm... kurz vor zwei, ungefähr jetzt müssten die anderen in Stellingen aus der S-Bahn gesprungen sein. Nachdem ich kurz mit Daniel telefoniert hatte, stand fest, dass meine grobe Einschätzung richtig gewesen war, und man verabredete sich zu einem Treffen bei Knappi. Dort fand ich die Jungs in wilden Verhandlungen mit einem HSV-Pin-Verkäufer anner Litfassäule vor, und es konnte Bier besorgt werden. Wurde auch Zeit, und wenn man vor dem Spiel eh wie ich nur ein Bier trinken darf, dann wenigstens am Stammimbiss. Nach einem kurzen Plausch mit Knappi und den Bacardi-Jungs (die es wie üblich nicht lassen konnten über meine Gladbach-Klamotten abzulästern, aber ich weiss ja, wie´s gemeint ist) wurden die Dosen geleert, und wir machten uns auf den Weg zu Stadion.

Irgendwie hatte sich Daniel etwas zuviel zugemutet, jedenfalls wollte er seine letzte Bierdose zur Sicherung seines Einlasses lieber nicht austrinken. Hmm.. ich durfte nicht, Günter hatte noch, Volker, musste am Abend noch nach Elsdorf kommen... dann bekommt es eben der Dosensammler. Der war zwar erstmal verblüfft plötzlich eine volle (und geschlossene) Büchse in die Hand gedrückt zu bekommen, hatte dann aber doch irgendwie Durst und bedanke sich ausführlich.

Am Einlass rief dem Typen an unseren Tor seine Kollegin "Mach ma schneller" zu, weshalb die Filzaktionen kürzer ausfielen. Warum den Jungs ihre Ersatzfeuerzeuge ("potentielles Wurfgeschoss") abgenommen wurden, bleibt einem als halbwegs vernünftigem Menschen irgendwie schleierhaft, aber im Endeffekt dürfen wir uns da bei den Vollhonks bedanken, die solche Dinge gern mal dem Torwart des Gegners "schenken".

Im Stadion bekam ich erstmal schönes Feedback für meine Schreiberei (Danke!) und kaufte mir ein Fanzine von den Chosen-Few Jungs, das ich inzwischen halbwegs durchgelesen habe. Teilweise ist es wirklich unterhaltsam, aber teilweise krempeln sich mir bei den Ansichten der Schreiber da drin wirklich die Fussnägel hoch. Damit meine ich eindeutig nicht die Versuche die Stimmung im Stadion zu verbessern, aber irgendwie scheint sich da wirklich jemand für was besseres zu halten, als er eigentlich ist. Günter und Volker begaben sich auf der Suche nach Weihnachtsgeschenken in den Fanshop, während Daniel und ich in den Block marschierten, um unsere Stammplätze zu sichern.

Wir standen gerade.. verdammt, ich muss pissen. Also die Treppe wieder hoch. Zum Glück war es so früh vorm Spiel, dass die Schlange am Scheisshaus sich in Grenzen hielt.

Nach einer Weile kamen Günni und Volker in den Block, und man wartete auf den Anpfiff. Davor gab es aber eine wirklich schöne Flatterband-Konfetti-Aktion aus dem Oberrang, und ich ärgerte mich, dass ich meinen Fotoapparat in Rendsburg gelassen hatte. Ausserdem war da ja noch der Kerl, der meinte, ich hätte ihm das Leben gerettet, was bei mir ein ziemliches "?" im Gesicht verursachte, bis er meinte, ich hätte ihn mal aufgefangen. Ach der... der Typ war mir nach dem Tor zum 1:1 gegen die Bazis Wacken-like als Stagediver von hinten auf die Rübe geflogen, ansonsten wäre er irgendwo auf die Betonstufen gekracht und hätte sich wahrscheinlich ziemlich viele Knochen zerbröselt. Das nächste mal sach bescheid, dann fang ich dich anders auf, ist auch gesünder für meinen Nacken.

Schiedsrichter war Günter Perl, von dem Günni meinte: "Mit dem Vornamen kann der gar nicht mies sein." Nun ja, die Leistung nenne ich aus meiner Sicht mal ausbaufähig, wobei ich darauf verweise, dass ich bei der Sportschau-Aufzeichnung am Abend erst nur mit halb offenen Augen zuguckte und später ganz wegschnarchte. Ich fand seine Zweikampfbewertung teilweise etwas unglücklich, und er hat uns einen eventuellen Handelfer inner zweiten Halbzeit für Cottbus erspart, der das Spiel wahrscheinlich auf den Kopf gestellt hätte.

Zu dem komme ich nämlich jetzt.

Also, es gibt Mannschaften, die braucht keine Sau, aber man freut sich trotzdem irgendwie auf die Spiele, weil die von ihrer ganzen Spielanlage einen guten, abwechslungsreichen Kick versprechen, z.B. Leverkusen. Dann gibt es Mannschaften, die braucht nun wirklich niemand, und man weiss, dass sie einem tierisch auf den Sack gehen werden, z.B. Wolfsburg. Dann gibt es Truppen wie Bayern oder Dortmund, da brennt grundsätzlich die Hütte, und man kann sie überhaupt nicht ausstehen. Dann gibt es noch die italienische Nationalmannschaft, die man einfach deshalb wie die Pest hassen muss, weil sie zwar 85 Minuten nur hinten drin stehen, aber vorn irgendwie wegen der Klasse / Fallsucht ihrer Stürmer meistens trotzdem gewinnen. Und gaaaanz am Ende der widerlichsten Schundtruppen des Planeten steht irgendwo Energie Cottbus.

Wer das jetzt als Beleidigung auffasst, dem möchte ich vorhalten, dass ein gewisser Profi aus der Lausitz (Baumgart war es glaube ich) nach dem ersten Spieltag und einem 0:0 in Leverkusen noch voller Stolz von "Arschloch-Fussball" sprach, der denen auch noch Spass macht. Also ist meine Bezeichnung weiter oben für diesen kickenden Schrottplatz wahrscheinlich noch ein grosses Kompliment.

Denn diese Typen hatten im ganzen Spiel nicht eine wirkliche Torchance. Keine! Nix! Gar nix! Überhaupt nix! Wenn mal was auf den Kasten von Rost kam, dann genau auf ihn. Ansonsten standen diese ekelhaften Fussballvernichter nur mit bis zu neun Mann permanent zwanzig Meter vor der eigenen Kiste, und machten (leider gekonnt) den Laden dicht. Wobei man unseren Jungs wohl den Vorwurf machen muss, dass sie oftmals nicht schnell genug den Abschluss suchten. Das ist aber auch der einzige Vorwurf zu einem Spiel gegen ein Team, das mit Bundesliga-Fussball soviel zu tun hat wie ich mit der Olympischen Goldmedallie im Stabhochsprung. Der HSV kämpfte, rackerte, ackerte, rannte, kombinierte und versuchte die blöde Pille irgendwie an dieser grässlich-grell orangen Abwehrwand vorbeizubekommen. Aber wenn das mal klappte stand da noch dieser verdammte Tremmel im Tor.

Sein wir mal ehrlich, Cottbus ohne Piplica im Kasten ist doch irgendwie Wettbewerbsverszerrung, oder? Bei den ganzen Dingern, die da auf den Kasten kamen, hätte der zumindest einen irgendwie durchgelassen, wahrscheinlich das billigste Ei. Zumindest hätte die Partie so einen verdienten Sieger gefunden. So aber verzweifelte ein komplettes Stadion an dem, was da auf dem Platz passierte. Ich spar mir jetzt mal grosse Einzelheiten oder das gammelige Halbzeitpausenspiel, das Bild war eh immer dasselbe. Zehn Hamburger um den Energie-Strafraum herum, 10 oder 11:1 Ecken, keine Ahnung wie viele mehr oder weniger misslungene Torschüsse, eine Handvoll Grosschancen, die allesamt von Tremmel zunichte gemacht wurden (wie viele Arme hatte der gestern überhaupt?!), obwohl z.B. van der Vaart eigentlich neunzehn von zwanzig solchen Dingern reinhaut, und auf den Tribünen sich die Lunge aus dem Hals brüllende Fans, an denen es diesmal ganz bestimmt nicht gelegen hat, dass die Pille nicht reinwollte. Es gibt halt Spiele, die kann man einfach nicht gewinnen. Und bei denen man sich doppelt ärgert, dass eine Mannschaft, die dem Fussball den unabgewischten, nackten Arsch gezeigt hat, am Ende auch noch feiert.

Aber, eines zur Genugtuung: Liebe Energie-Kicker, auch die Gladbacher Abwehr stand in der letzten Saison oft sehr sicher, es haperte wie bei euch aber am Spiel nach vorn (obwohl sie es zumindest versuchten, wenn auch schlecht). Und die sind völlig verdient abgestiegen, was in mir die Hoffnung aufkeimen lässt, eure Scheisstruppe nur noch sechs Monate in der Bundesliga ertragen zu müssen!

Nach dem Spiel bekam die Mannschaft trotz aller Enttäuschung über das Ergebnis ihren verdienten Applaus für den nicht abzusprechenden Willen, das Ding irgendwie zu gewinnen. Ich hab das Gefühl, dass einige von unseren Kickern inzwischen durch die ganzen Spiele einfach platt sind, so vermisste man bei z.B. bei Olic einen Teil seiner Durchsetzungskraft, was aber bei den Kilometern, die er immer macht auch kein wirkliches Wunder ist. Wird Zeit, dass die Winterpause kommt, die haben sie sich wirklich verdient.

Während Daniel und die anderen noch in den Fanartikelbus wollten, bekam ich den Auftrag doch bei Knappi schonmal für Getränke zu sorgen. Geht los, Jungens! Bei Knappi wollte ich den Bacardi-Heinis noch ´n frohes Fest wünschen, aber die waren schon weg, als ich nach ihnen guckte. Na ja, vielleicht sind die gegen Basel ja da. Für Knappi muss ich mir auch noch ´ne Kleinigkeit einfallen lassen, wo wir da immer so nett bewirtet werden.

Da die anderen keine Lust hatten nochmal inner S-Bahn festzustecken wie beim Hertha-Kick und erst irgendwann am späten Abend nach Hause zu kommen, durfte ich mal wieder Chauffeur spielen. Was die schon im Stade Rennes-Bericht erwähnten Schwierigkeiten mit sich brachte, vier Leute um die 1,80 Meter in einen zweitürigen Opel Astra zu quetschen. Nachdem wir das geschafft hatten, liess uns ein netter Autofahrer auf die Strasse, und wir machten uns auf den Heimweg. Der wurde allerdings schnell unterbrochen, als ich anner Tankstelle vorbeikam. Hä? Super nur 1,23 Euro?! Das ist ja neun Cent billiger als in Rendsburg! Jungs, ääh, wir müssen hier nochmal abbiegen. Dabei konnten ja auch noch Getränke für die Rückfahrt besorgt werden.

Der Rest vom Weg nach Rendsburg verlief relativ problemlos, sieht man von einer dringenden Pinkelpause und dem Gemurre von Günni über meine Musikauswahl mal ab. Daniel wollte aus Einttäuschung über das Ergebnis lieber bei seiner Herzdame abgeliefert werden, wir anderen guckten noch bei "Tante Anna" (der Kneipe, nicht unserer flüchtenden Dame) auf´n Pils bzw. Kaffee vorbei. Da mir nach dem langen Tag und der kurzen Nacht zuvor die Luken aber dichtzufallen drohten, verabschiedete ich mich kurz nach 20.00 Uhr wieder (von der bundesweiten Aktion "Licht aus" war eher wenig zu sehen), holte mir ein Abendessen beim Penny-Markt und gurkte dann nach Hause, wo ich nach dem Futter auf´m Sofa einschnarchte, und leider den lustigen Kampf von Arthur Abraham verpennte.

In dem Sinne: Gute Nacht.

Gruss
Dilbert
 
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