Dilbert
Pils-Legende
34. Spieltag 2008 - 2009
Mahlzeit!
Lange hab ich überlegt, was ich aus diesem letzten Spieltag besonderes machen könnte. Am Ende war das Ergebnis leider. Gar nichts. Kein Song, der sich während der Tour in mein Ohr eingebrannt hätte, keine fixe Idee, die sich aus dem Verlauf selbst ergab. So bleibt diesmal ungewohnterweise "nur" ein normaler Spielbericht. Ich wünsche trotzdem viel Vergnügen.
Nun ist die Saison also fast vorbei. Der Pokalsieger wurde gekürt (aus meiner Sicht der verkehrte, nicht weil die ein schlechtes Spiel gemacht haben, sondern weil die Bremer Marin nun mit dem "internationalen Geschäft" locken können, und das passt mir verständlicherweise gar nicht...), die Nürnberger haben gezeigt, dass wir grosses Glück hatten nicht in der Relegation gegen sie antreten zu müssen (während ich diese Zeilen tippe naht das Rückspiel, aber traut wirklich jemand Cottbus ´nen 3:0 Auswärtssieg zu?), in der Bundesliga sucht fast ein Viertel der Vereine ´nen neuen Coach (wir auch... mal wieder...), und mir ist angesichts der Sommerpause jetzt schon langweilig.
Davon konnte ich am Freitag, dem 22. Mai 2009 aber noch gar nichts wissen, als ich mich mit Schröder bei Sonnenschein zum Sportplatz begab, um das letzte Saisonspiel der Kleisklassentruppe vom FT Eintracht anzugucken. Damit fing das Wochenende schonmal ziemlich mies an. Das Spiel war letztlich schnurz, da beide Mannschaften schon den Aufstieg in der Tasche hatten, aber der Wetterumschwung von strahlendem Frühsommer zu Frühjahrssturm mit eisigem Wind und eingebautem Wolkenbruch versaute mir einige Planungen für den nächsten Tag. Als mir zehn Minuten vor dem Ende dann das Wasser in die Unterhose und die Schuhe lief machte ich mich auf den Heimweg, um mit einer heissen Dusche der sich androhenden Erkältung entgegenzuwirken. Wer will schon ´ne 25-Stunden-Tour mit Halsschmerzen und Dauerrotz starten? Ausserdem konnte ich die Klamotten vergessen, die hatten keine Chance bis Samstags um fünf Uhr morgens trocken zu werden. Der Abend klang dann mit ein paar Bierchen aus, und ausnahmsweise auch mal einem verhältnismässig frühzeitigem Gang in die Poofe.
Egal wie früh man schlafen geht: Es ist vollkommen unmöglich um 4.45 Uhr schon wieder topfit zu sein. Dementsprechend gerädert kämpfte ich mich in die (neuen) Klamotten (und mit der höchst komplizierten Frage welches Trikot genug Glück bringen könnte um den verdammten letzten Punkt zu holen... es wurde das aktuelle Heimteil) und zum Bahnhof. Dort lief ich dem fast kompletten HSV-Fanclub Nübbel in die Runde, der sich auf den Weg nach Frankfurt machen wollte und mir bzw. Gladbach (wenn ich hier "Borussia" schreibe könnte es Missverständnisse geben) verständlicherweise die Daumen drückte. Ausserdem kannte man sich ja schon von etlichen Volkspark-Touren, nur hatte ich da meistens andere Klamotten an. Na ja, so wurde die Fahrt nach Neumünster jedenfalls nicht langweilig.
Im ICE nach Hannover sicherte ich mir schnell einen Tischplatz... und gab diesen fünf Minuten später freiwillig wieder auf, als sie eine Frau mit einer sehr quirligen Tochter im Gang gegenüber hinsetzte Einmal krabbelte dieses Kind die ganze Zeit rumsingerderweise rastlos auf seiner Bank herum, und zweitens muss man sich ja wenn es nicht nötig ist nicht genau neben einem Kind um halb sieben Uhr morgens das Bier innen Kopp kippen. Zwanzig Reihen weiter hinten war noch ein Tisch frei, und dort verbrachte ich (später in Gesellschaft vonnem HSV-Fan mit einer wirklichen Urzeitkutte von vor 30 Jahren) gemütliche zwei Stunden.
Hannover... verdammt, wer brüllt den hier so laut rum? Ach so, kein Wunder. Eine Hundertschaft Union Berlin-Anhänger hatte sich auf die Abschiedstour aus der dritten Liga gemacht. Im Gegensatz zu mir, der seit dem Halbfinale 2000 eine gewisse Sympathie für die Jungs vonner ollen Försterei hegt (damals wurden ein paar Deppen von denen mundtot gemacht, die es für nötig hielten unseren Aidoo mit dämlichen "Ugh Ugh Ugh"-Chören zu versehen), wünschten die mir eher keinen Erfolg. Warum? Die Jungs wollten einfach gern mal auswärts nach Mönchengladbach fahren. Nach dem einen oder anderen netten Schwatz machten die sich auf zum Zug, und ich trollte mich zum Lidl-Markt.
Was ist das denn hier? Kein Holsten mehr? Dann musste ich wohl Tuborg saufen. Nicht gerade mein Lieblingsbier, aber wat mutt, dat mutt, und nüchtern würde ich das Spiel rein nervlich wohl kaum aushalten. Prost! Anschliessend hatte ich noch ´ne ganze Menge Zeit, und wenn es in diesem Bahnhof schonmal ´nen "Zapfhahn" gibt... Der hat mit "Gilde Pilsener" übrigens im Vergleich zur Hamburger Zweigstelle eindeutig das bessere Pils zu bieten. Mit in der Kneipe befanden sich auch ein paar Fans von Hannover 96, denen ich für ihre Mission "Bielefeld" natürlich ganz besonders viel Glück wünschte.
(Ca. drei Monate später... der vierte Spieltag der neuen Saison naht, und das Ding hier hat inwischen diverse Spinnweben angesetzt. Irgendwie bin ich da nie mit fertiggeworden... aber jetzt bin ich krankgeschrieben und hab Lust auf eine kleine Zeitreise in die letzte Saison, denn von dem ganzen Kram ist trotz des Suffs und der langen Zwischenzeit noch so einiges hängengeblieben, das ich euch irgendwie nicht vorenthalten möchte. Also, weiter viel Spass!)
Im Zug von Hannover nach Duisburg war irgendwie nicht viel los. In dem von Duisburg nach Mönchengladbach dafür umso mehr. Mein Plan "Ich bin ja früh dran, dann isset nicht so voll" ging jedenfalls voll ins Beinkleid, und um annen Sitzplatz zu kommen musste ich jemanden mit Bier bestechen, bzw. ein Tuborg von mir gegen ein Brinkhoffs von ihm tauschen. Das brachte dem allerdings gehörig Mecker von seinem Kumpel ein, auf dessen Platz ich nun hockte, als dieser vom Scheisshaus zurückkam. Da das Brinkhoffs eh pisswarm war und ich noch etwas im Rucksack hatte, vererbte ich die Suppe dann gleich an den nächstbesten weiter. Irgendwie bekamen wir die etwa 45 Minuten Fahrtzeit nur damit rum um Bier zu feilschen...
In Mönchengladbach sicherte ich mir mal wieder das vorletzte Schliessfach, und ging dann erstmal ganz gemütlich zu Kaisers zum Einkaufen. Ich liebe diesen Laden, und ich weiss auch warum. Die Woche zuvor mussten mein Kumpel und ich in Düsseldorf nämlich etliche Kilometer durch die Gegend latschen um letztlich beschissen schmeckende Plörre innem Plus-Schuppen zu ergattern. Da ist der Tingeltangel-Laden keine fünf Minuten vom Gladbacher Hauptbahnhof entfernt mit seinen für Fussballfanverhältnisse sehr humanen Preisen und der guten Auswahl die reinste Goldgrube. Und diesmal schaffte ich es tatsächlich da keine Flasche zu zerdeppern, wie bei meinen beiden letzten Besuchen.
Bier inne Hosentasche, Rucksack, ins Schliessfach, ab innen Bus. Und am Stadion dann innen Fanshop, mein Trikot war hinten irgendwie zu nackt. Hmmm... wen nimmt man denn da. Es muss ein Spieler sein, der eigentlich zu gut ist um aussortiert zu werden, aber auch nicht gut genug sein darf, als dass andere Vereine auf den Gedanken kommen könnten mit dem Millionen-Gehaltsschecks zu wedeln. Ein ehrlicher Arbeiter, der sich einfach nur reinhaut und sein bestes gibt, und dessen Fehlen man dann bemerkt, wenn er nicht da ist. Kein Schwalbenkönig, kein Schönwetterspieler, ein Typ wie Levels, oder... Rob. Einmal die 16 bitte! (Komm bald wieder, Rob!)
Danach war noch massig Zeit, um dem Fanhaus einen Besuch abzustatten, schliesslich sollte ich für meinen Kumpel noch ´nen schönen Schal mitbringen, und die vom Fanprojekt sehen zum Teil besser aus als die vereinseigenen Modelle (und sind billiger). Dort bekam ich einen mordsmässigen Heisshunger auf Fritten, aber nachdem ich zehn Minuten an der Bude gestanden hatte und die beiden Leutchen hinter´m Tresen sich den Arsch abschuften und doch nicht vorankommen sah, gab ich den Plan auf und dackelte zum Stadion.
Da ich im Vorfeld nur noch ´ne Karte für die Süd aufgetrieben hatte, sah ich mich dann inmitten eines schwarz-grün-weiss-gelben Haufens beheimatet. Das konnte lustig werden. Aber vorher hiess es erstmal Fritten und Bier... Bier? Scheisse! Wie zu befürchten war, gab es an diesem Spieltag nur alkoholfreies und Bier-Mischgetränke. Ein Teil des Frankenheim-Blue (Alt mit Cola)-Gesöffs schwappte mir beim Transport natürlich aus dem Becher heraus, weshalb meine Finger sich kurzfristig in ziemlich klebrige Objekte verwandelten. Blärgs! Zum Glück musste man von dem Plörrzeugs aber eh ziemlich schnell schiffen, und so wurde ich das Pattex-Feeling am Waschbecken wieder los.
Schiedsrichter war Dr. Brych, der sich eigentlich fast keinen Fehler leistete, bis auf die eine Eckball-Entscheidung kurz nach dem Anpfiff zur zweiten Halbzeit...
Hans brachte das Wort "Mauertaktik" in eine völlig neue Dimension. Gerade mal drei offensive Leute sollten uns im Heimspiel (!!) zum Klassenerhalt schiessen, der Rest hinten rein und nach dem Motto "Rette sich wer kann!"
Dementsprechend ging das Spiel dann bei bester Stimmung auf den Rängen auch los. Dortmund versuchte irgendwie nach vorn zu kommen, und bei Gladbach bolzte nach kurzen, anfänglichen Abwehrwacklern, bei denen Bailly in höchster Not eingreifen musste, dann alles den Ball (wenn nötig mit dem Gegenspieler dran) einfach nur hinten raus. Da das den Gelben irgendwann zu blöde wurde, liessen deren eigene Offensiv-Bemühungen auch sehr schnell nach, und was dann auf dem Rasen geboten wurde hatte mit Fussball "spielen" absolut nichts mehr zu tun. Jedenfalls bis kurz vor der Pause die Gladbacher tatsächlich mal mit mehr als zwei Mann inner Dortmunder Hälfte antraten, was aber bei einem eigenen Eckball wohl zur Pflicht gehört. Ball rein, Dante Kopf - Pfosten! Das war unser erster Torschuss, und dann so´n Teil. Der BVB-Fan neben mir raufte sich entsetzt die Haare, um anschliessend erleichert durchzupusten. Bei mir war es ungefähr umgekehrt.
Pause. Bisher war auf den anderen Plätzen nichts Entscheidendes passiert, sieht man von der Bielefelder 1:0-Führung ab, die aber in der Höhe noch zu verschmerzen war. Den Dortmundern ging da angesichts des 0:1 für Hamburg mehr die Düse. Ach ja, und Wolfsburg ballerte Bremen in Vorfreude auf die Meisterschaft in Grund und Boden. Falls die Bayern da auf irgendwelche Nervosität im Magath-Universum gehofft hatten, wurden sie bitter enttäuscht.
Wiederanpfiff, altes Spiel: Um Himmels Willen keinen Fehler machen, und immer schön den Ball raus. Dass die Dortmunder mit der HSV-Führung als Hypothek eigentlich dringend was reissen mussten sah man denen irgendwie nicht so recht an. Nach nicht ganz einer Stunde schlug beim BVB das Pech doppelt zu. Erst musste Santana verletzungsbedingt draussen behandelt werden, und dann bekam Brych in der Zeit von seinem Assi eine Gladbacher Ecke untergejubelt, die eigentlich keine war (das konnte ich von meinem Platz aus aber nicht sehen). Diesmal zielte Dante mit der Rübe besser: 1:0. Im Stadion war dementsprechend die Hölle los, und als Günter mir per Handy die 2:0-Führung des HSV in Frankfurt durchtickerte, schien wirklich alles gut zu werden (jedenfalls für mich).
Dante, Dante, Dante... das ist einer der merkwürdigsten Fussballer, die wir je hatten. Kommt als Abwehrspieler, fabriziert vorn Kopfballtore am Fliessband, und sorgt gleichermassen auf seiner eigentlichen Position für eine Gurke nach der nächsten. Diesmal war er allerdings tatsächlich unschuldig daran, dass die Dortmunder, kaum dass man innerlich die Rettung gefeiert hatte, den Ausgleich machten. Vielmehr eierte Paul Staltery besonders dämlich am Ball vorbei, weshalb Kuba (ich hab keinen Bock jetzt zu gucken wie der wirklich geschrieben wird) frei vor Bailly zum Abschluss kam und uns die Party vorerst vermieste. Zudem stellten sich die Hamburger in Frankfurt so blöde an, dass es noch bis nach Mönchengladbach brummte (in Form des Vibrationsalarms meines Handys), und liessen sich von Frankfurt in kürzester Zeit zwei Dinger einschenken. Das alles passierte vom Gladbacher 1:0 weg in nichtmal acht Minuten, der letzte Spieltag war für mich selbst also an Dramatik kaum zu überbieten. Am Ende hätte Gladbach das Ding für den Klassenerhalt sogar noch verlieren dürfen, aber das wusste ich zu dem Zeitpunkt natürlich nicht.
Plötzlich schien für die Dortmunder das 1:1 für die Europaliga zu reichen, und sie machten den Fehler, sich darauf über 20 Minuten auszuruhen, obwohl dem HSV in Frankfurt nur ein Tor fehlte. Dass das nachher in fast letzter Minute aus dem Abseits heraus fiel, ist natürlich sehr bitter, aber andererseits. Wer selber die grosse Chance hat aus eigener Kraft alles klarzumachen, und dann die Saison inner 70. Minute des 34. Spieltags schon für beendet erklärt, hat irgendwie auch selber Schuld. Statt auf das zweite Tor zu gehen, hatten die BVB-Kicker nämlich plötzlich die Hosen voll bis zum Anschlag, und das vor einer Gladbacher Mannschaft, die nun wirklich alles tat um nicht nach vorn zu spielen, sondern diesen jämmerlichen, aber so wichtigen Punkt über die Runden zu mauern.
So kam es, wie es kommen musste. Drei Minuten vor Schluss brandete im Gladbachblock ein hämischer Jubel auf, und bei den Schwarz-Gelben wich die eben noch vorhandene Feierlaune einem ohnmächtigen Entsetzen. Die Mannschaft auf dem Platz schaffte es nicht, den Motor nochmal anzuschmeissen, und so dümpelte der Kick, der in den letzten zwanzig Minuten von keiner Mannschaft auch nur einen ernsthaften Torschuss zu verzeichnen wusste, seinem Ende entgegen.
Abpfiff, GESCHAFFT!
Wer an dieser Stelle auf Häme von mir wartet, kann lange warten. Die hab ich schon nach dem Spiel nicht gehabt. Ich hatte mit den BVB-Fans um mich rum trotz aller Rivalität und der Wichtigkeit dieses Spiels einen gegenseitig komplett stressfreien Nachmittag verbracht und die eine oder andere nette Unterhaltung geführt, warum hätte dann auf denen rumtrampeln sollen? Und deshalb mache ich das auch hier nicht, auch wenn ich mich natürlich darüber freute, dass der HSV es letztlich auf´n fünften Platz geschafft hatte.
Nachdem ich die Mannschaft ca. zwölf Kilo leichter (so viele Steine waren mir vonner Pumpe gepurzelt) für eine zumindest teilweise ganz anständige Rückrunde, und den damit halbwegs verdienten, wenn auch nicht gerade brilliant herausgekickten Klassenerhalt minutenlang abgefeiert hatte (während der BVB-Kumpel neben mir immer noch fassungslos aufs Spielfeld blickte, ich glaube, der sitzt immer noch da), machte ich mich auf die Socken zu den Shuttlebussen. Zeit hatte ich mehr als genug, schliesslich war ja ´ne Nachtfahrt eingeplant. Es gab allerdings etwas, das mich antrieb: BIERDURST! Der wurde gegenüber vom Hauptbahnhof dann auch mit etlichen Schlösser Alt vom Fass gestillt, wobei die beiden älteren Herren, die sich mit mir einen Tisch teiten, und ich uns mit dem Runden bezahlen immer ablösten.
Aber irgendwann geht auch das mal zuende, und so musste ich meine Sachen aus´m Schliessfach holen und in den Zug nach Duisburg steigen. Von da aus ging es weiter nach Essen, und dort begann meine Tour de Depp. Irgendwie liefen mir von da ab nämlich fast nur noch Honks über´n Weg.
In Essen musste ich strullen, kein Wunder, nach dem ganzen Bier. Nachdem ich im Bahnhof kein Klo gefunden hatte, verschlug es mich zu McDoof, dort hing allerdings ein Schild, dass die Toilette sich im Hauptbahnhof befinden würde. Dort ging ich also hin, und landete mit prall gefüllter Blase an einer Art Behelfsinfopoint an einem Container mit einer ziemlich verzweifelten Frau darin.
"Mahlzeit! Wo finde ich denn hier das Klo?" - "Sowas haben wir nicht."
Äääh, Moment mal, Essen ist ja nun nicht gerade ´ne Kleinstadt, da muss doch irgendwo ein Klo zu finden sein?!
"Aber, wo soll ich denn jetzt schiffen gehen?" - "Das kann ich ihnen auch nicht sagen, wir haben hier wegen des Umbaus derzeit keine Toiletten am Bahnhof." - "Das heisst, ich muss jetzt meine Stange Wasser hier irgendwo inne Ecke stellen, und bekomme eventuell noch ´n Ticket dafür wenn die Polente mich erwischt?" - "So ungefähr, ja."
Aha... Nun gut vielleicht hab ich doch noch ins Bahnhofsklo geschifft. Oder zumindest in die Baugrube davon.
Auf dem Bahnsteig trieb sich dann eine mit offensichtlich sehr ungesunden Substanzen inner Blutbahn herumschlingernde Schalker Kräuterhexe herum, die der Meinung war, mann müsse alles und jeden erstmal vorsorglich anpöbeln, auch wenn der / die ja eigentlich gar nichts verbrochen hatte. Da ich keinen Bock auf Ohrenschmerzen vom Gekeife einer Psycho-Schrulle hatte, sagte ich einfach zu allem "Ja" und "Amen", und war einfach nur froh, dass mein Zug nach Dortmund bald einrollerte.
Dortmund, und massig Zeit bis mein Nachtzug kommen sollte. Hmm... na ja, erstmal n bisschen inne Innenstadt, wo ich trotz meines Gladbach-Aufzugs zum Glück herzlichst ignoriert wurde. Die Leute da waren aber zum Grossteil eh dermassen sternhagelvoll, dass ich meine Zweifel habe ob die mich überhaupt noch optisch wahrnehmen konnten. So gelangte ich nach der Befragung vonnem Pullezisten und ´nem Bauarbeiter (Village People?) zum Irish Pub. Ein Blick auf die Bierkarte... BOAH! Newcastle Brown Ale! Wie lange hab ich das denn nicht mehr getrunken! Die 0,45-Liter-Buddel gab es zwar nur zu Stadionpreisen, aber das war mir herzlichst egal. Auf der Dachterasse dieses wirklich sehr schönen Ladens unterhielt ich mich dann noch ´ne Weile mit ein paar verzweifelten BVB-Fans, ehe ich mich auf den Weg zurück zum Bahnhof machte um unterwegs in Schlangenlinien den Dortmunder Freizeitalkoholikern auszuweichen, die da durch die Gegend eierten.
Der City-Night-Line war dann sogar halbwegs pünktlich, und nach kurzer Suche hatte ich mein Abteil gefunden. Tür auf... BUUUUUUAAAAAAAAAAAAAAAH!!!! Pfui Deibel!
Habt ihr schonmal einen wirklich üblen Tilsiter Käse angeschnitten? So einen mit schön schmieriger Rinde und einem Aroma, das die Fliegen vonner Wand fallen und die Mäuse bei der UNO anrufen lässt wegen des Einsatzes von Giftgas? Einen, der noch dreissig Meter weiter zu riechen ist? Ungefähr so muffelten die Füsse von der jungen Dame, die mit ihrem Hans-Wurst und einem armen, geplagten älteren Herren schon im Abteil sass. Und sie hatte natürlich weder Schuhe noch Socken an. Und die sassen schon seit Amsterdam in dem Abteil, also habt ihr jetzt ungefähr ´nen Plan, was mir da für ´ne Wolke entgegenschlug. WÜRG! Dagegen war die "Luft" im Manchester-Bus das reinste Frühlingswindchen.
Okay, Nase zu, und durch. Für ein paar Minuten bin ich dann nach einer Weile auch tatsächlich eingepennt, so bis morgens um halb vier.
"Schaaaatz...."... "Schaaatz..." ... "Schaaatz..."
Hä, wat´n nu los?!
"Schaaaaatz..."
Madam Stinkefuss war wach, und gab sich auch wirklich alle Mühe das jedem mitzuteilen. Inzwischen war auch ein weiiteres Päärchen dunkelhäutiger Mitbürger zugestiegen, deren Dame schon genervt die Augen verdrehte.
"Schaaatz..."
GRRRR...
Das ging dann wirklich so bis Hamburg weiter (und die Kiste hatte inzwischen eine Stunde Verspätung).
"Schaaaatz..." Liebe Frau, wenn man mit einer Digitalkamera einen grau-schwarzen Himmel fotografiert, dann darf man sich auch nicht wundern, wenn auf dem Bild auch nur dunkles Gewaber zu erkennen ist.
"Schaaatz, mit der Einstellung muss irgendwas nicht stimmen, der macht keine guten Bilder..."
Dazu muss gesagt werden, dass de Stimme dieser Dame einen extrem jammerigen Ton hatte und zudem auch noch komplett gleichförmig hingeleiert wurde.
"Schaaaatz... das geht immer noch nicht..." AAARGH! Da draussen ist auch NICHTS! Ein leicht angehender grauer Streifen am Horizont, plattes Land, keine Stadt, keine Strassenlaterne, kein Haus, GAR NICHTS!
"Schaaatz..."
Als die in Hamburg endlich den Zug verliessen (nicht ohne vorher nochmal kurz zurückzukommen und irgendwie die Hälfte des überfüllten Müllbehälters versehentlich auf dem Boden zu verteilen), konnte ich mir ein "Noch zehn Minuten länger, und ich hätte die Alte umgebracht." nicht verkneifen, was bei der genervten Dame gegenüber immerhin die Stimmung wieder aufhellen konnte, ihrem Gekicher nach zu urteilen. Und die Luft wurde auch langsam wieder besser.
In Neumünster kam ich eine Stunde zu spät an, was aber gar nicht so unpraktisch war. Schliesslich musste ich so nur eine, und nicht zwei Stunden in dieser "Weltmetropole" rumhängen. Da der Bahnhofsladen mit den humanen Preisen dort ja rund um die Uhr geöffnet hat, gab es sogar noch ein halbwegs bezahlbares Frühstück. Was es leider nicht gab, war die planmässige Öffnung des Bahnhofsklos. Dabei wollte bei mir das am Vorabend getrunkene Altbier zu gern seine Nebenwirkungen entfachen. Da hiess es wohl noch tapfer ´ne halbe Stunde durchhalten, bis der Zug endlich kommt.
Am Bahnnsteig gegenüber unterhielt sich unterdessen dir Neumünsteraner Hartz IV-Gemeinde über die Ungerechtigkeit des Universums. Leute, wenn ihr genug Geld habt, um euch bis morgens um sechs die Rübe dichtzuorgeln, dann kann es euch so schlecht nicht gehen. Auf meiner Mission "Ist das Klo nu endlich auf?" lief mir dann ein Techno-Spinner über den Weg, der mir unbedingt erzählen musste, dass er sich mal auf dem Weg von Rendsburg nach Neumünster mit seinem Motorrroller verfahren hat. Ähm, interessant. Honks...
Irgendwann um kurz nach sieben betrat ich ziemlich kaputt, aber glücklich wieder Rendsburger Boden.
Gruss
Dilbert
Mahlzeit!
Lange hab ich überlegt, was ich aus diesem letzten Spieltag besonderes machen könnte. Am Ende war das Ergebnis leider. Gar nichts. Kein Song, der sich während der Tour in mein Ohr eingebrannt hätte, keine fixe Idee, die sich aus dem Verlauf selbst ergab. So bleibt diesmal ungewohnterweise "nur" ein normaler Spielbericht. Ich wünsche trotzdem viel Vergnügen.
Nun ist die Saison also fast vorbei. Der Pokalsieger wurde gekürt (aus meiner Sicht der verkehrte, nicht weil die ein schlechtes Spiel gemacht haben, sondern weil die Bremer Marin nun mit dem "internationalen Geschäft" locken können, und das passt mir verständlicherweise gar nicht...), die Nürnberger haben gezeigt, dass wir grosses Glück hatten nicht in der Relegation gegen sie antreten zu müssen (während ich diese Zeilen tippe naht das Rückspiel, aber traut wirklich jemand Cottbus ´nen 3:0 Auswärtssieg zu?), in der Bundesliga sucht fast ein Viertel der Vereine ´nen neuen Coach (wir auch... mal wieder...), und mir ist angesichts der Sommerpause jetzt schon langweilig.
Davon konnte ich am Freitag, dem 22. Mai 2009 aber noch gar nichts wissen, als ich mich mit Schröder bei Sonnenschein zum Sportplatz begab, um das letzte Saisonspiel der Kleisklassentruppe vom FT Eintracht anzugucken. Damit fing das Wochenende schonmal ziemlich mies an. Das Spiel war letztlich schnurz, da beide Mannschaften schon den Aufstieg in der Tasche hatten, aber der Wetterumschwung von strahlendem Frühsommer zu Frühjahrssturm mit eisigem Wind und eingebautem Wolkenbruch versaute mir einige Planungen für den nächsten Tag. Als mir zehn Minuten vor dem Ende dann das Wasser in die Unterhose und die Schuhe lief machte ich mich auf den Heimweg, um mit einer heissen Dusche der sich androhenden Erkältung entgegenzuwirken. Wer will schon ´ne 25-Stunden-Tour mit Halsschmerzen und Dauerrotz starten? Ausserdem konnte ich die Klamotten vergessen, die hatten keine Chance bis Samstags um fünf Uhr morgens trocken zu werden. Der Abend klang dann mit ein paar Bierchen aus, und ausnahmsweise auch mal einem verhältnismässig frühzeitigem Gang in die Poofe.
Egal wie früh man schlafen geht: Es ist vollkommen unmöglich um 4.45 Uhr schon wieder topfit zu sein. Dementsprechend gerädert kämpfte ich mich in die (neuen) Klamotten (und mit der höchst komplizierten Frage welches Trikot genug Glück bringen könnte um den verdammten letzten Punkt zu holen... es wurde das aktuelle Heimteil) und zum Bahnhof. Dort lief ich dem fast kompletten HSV-Fanclub Nübbel in die Runde, der sich auf den Weg nach Frankfurt machen wollte und mir bzw. Gladbach (wenn ich hier "Borussia" schreibe könnte es Missverständnisse geben) verständlicherweise die Daumen drückte. Ausserdem kannte man sich ja schon von etlichen Volkspark-Touren, nur hatte ich da meistens andere Klamotten an. Na ja, so wurde die Fahrt nach Neumünster jedenfalls nicht langweilig.
Im ICE nach Hannover sicherte ich mir schnell einen Tischplatz... und gab diesen fünf Minuten später freiwillig wieder auf, als sie eine Frau mit einer sehr quirligen Tochter im Gang gegenüber hinsetzte Einmal krabbelte dieses Kind die ganze Zeit rumsingerderweise rastlos auf seiner Bank herum, und zweitens muss man sich ja wenn es nicht nötig ist nicht genau neben einem Kind um halb sieben Uhr morgens das Bier innen Kopp kippen. Zwanzig Reihen weiter hinten war noch ein Tisch frei, und dort verbrachte ich (später in Gesellschaft vonnem HSV-Fan mit einer wirklichen Urzeitkutte von vor 30 Jahren) gemütliche zwei Stunden.
Hannover... verdammt, wer brüllt den hier so laut rum? Ach so, kein Wunder. Eine Hundertschaft Union Berlin-Anhänger hatte sich auf die Abschiedstour aus der dritten Liga gemacht. Im Gegensatz zu mir, der seit dem Halbfinale 2000 eine gewisse Sympathie für die Jungs vonner ollen Försterei hegt (damals wurden ein paar Deppen von denen mundtot gemacht, die es für nötig hielten unseren Aidoo mit dämlichen "Ugh Ugh Ugh"-Chören zu versehen), wünschten die mir eher keinen Erfolg. Warum? Die Jungs wollten einfach gern mal auswärts nach Mönchengladbach fahren. Nach dem einen oder anderen netten Schwatz machten die sich auf zum Zug, und ich trollte mich zum Lidl-Markt.
Was ist das denn hier? Kein Holsten mehr? Dann musste ich wohl Tuborg saufen. Nicht gerade mein Lieblingsbier, aber wat mutt, dat mutt, und nüchtern würde ich das Spiel rein nervlich wohl kaum aushalten. Prost! Anschliessend hatte ich noch ´ne ganze Menge Zeit, und wenn es in diesem Bahnhof schonmal ´nen "Zapfhahn" gibt... Der hat mit "Gilde Pilsener" übrigens im Vergleich zur Hamburger Zweigstelle eindeutig das bessere Pils zu bieten. Mit in der Kneipe befanden sich auch ein paar Fans von Hannover 96, denen ich für ihre Mission "Bielefeld" natürlich ganz besonders viel Glück wünschte.
(Ca. drei Monate später... der vierte Spieltag der neuen Saison naht, und das Ding hier hat inwischen diverse Spinnweben angesetzt. Irgendwie bin ich da nie mit fertiggeworden... aber jetzt bin ich krankgeschrieben und hab Lust auf eine kleine Zeitreise in die letzte Saison, denn von dem ganzen Kram ist trotz des Suffs und der langen Zwischenzeit noch so einiges hängengeblieben, das ich euch irgendwie nicht vorenthalten möchte. Also, weiter viel Spass!)
Im Zug von Hannover nach Duisburg war irgendwie nicht viel los. In dem von Duisburg nach Mönchengladbach dafür umso mehr. Mein Plan "Ich bin ja früh dran, dann isset nicht so voll" ging jedenfalls voll ins Beinkleid, und um annen Sitzplatz zu kommen musste ich jemanden mit Bier bestechen, bzw. ein Tuborg von mir gegen ein Brinkhoffs von ihm tauschen. Das brachte dem allerdings gehörig Mecker von seinem Kumpel ein, auf dessen Platz ich nun hockte, als dieser vom Scheisshaus zurückkam. Da das Brinkhoffs eh pisswarm war und ich noch etwas im Rucksack hatte, vererbte ich die Suppe dann gleich an den nächstbesten weiter. Irgendwie bekamen wir die etwa 45 Minuten Fahrtzeit nur damit rum um Bier zu feilschen...
In Mönchengladbach sicherte ich mir mal wieder das vorletzte Schliessfach, und ging dann erstmal ganz gemütlich zu Kaisers zum Einkaufen. Ich liebe diesen Laden, und ich weiss auch warum. Die Woche zuvor mussten mein Kumpel und ich in Düsseldorf nämlich etliche Kilometer durch die Gegend latschen um letztlich beschissen schmeckende Plörre innem Plus-Schuppen zu ergattern. Da ist der Tingeltangel-Laden keine fünf Minuten vom Gladbacher Hauptbahnhof entfernt mit seinen für Fussballfanverhältnisse sehr humanen Preisen und der guten Auswahl die reinste Goldgrube. Und diesmal schaffte ich es tatsächlich da keine Flasche zu zerdeppern, wie bei meinen beiden letzten Besuchen.
Bier inne Hosentasche, Rucksack, ins Schliessfach, ab innen Bus. Und am Stadion dann innen Fanshop, mein Trikot war hinten irgendwie zu nackt. Hmmm... wen nimmt man denn da. Es muss ein Spieler sein, der eigentlich zu gut ist um aussortiert zu werden, aber auch nicht gut genug sein darf, als dass andere Vereine auf den Gedanken kommen könnten mit dem Millionen-Gehaltsschecks zu wedeln. Ein ehrlicher Arbeiter, der sich einfach nur reinhaut und sein bestes gibt, und dessen Fehlen man dann bemerkt, wenn er nicht da ist. Kein Schwalbenkönig, kein Schönwetterspieler, ein Typ wie Levels, oder... Rob. Einmal die 16 bitte! (Komm bald wieder, Rob!)
Danach war noch massig Zeit, um dem Fanhaus einen Besuch abzustatten, schliesslich sollte ich für meinen Kumpel noch ´nen schönen Schal mitbringen, und die vom Fanprojekt sehen zum Teil besser aus als die vereinseigenen Modelle (und sind billiger). Dort bekam ich einen mordsmässigen Heisshunger auf Fritten, aber nachdem ich zehn Minuten an der Bude gestanden hatte und die beiden Leutchen hinter´m Tresen sich den Arsch abschuften und doch nicht vorankommen sah, gab ich den Plan auf und dackelte zum Stadion.
Da ich im Vorfeld nur noch ´ne Karte für die Süd aufgetrieben hatte, sah ich mich dann inmitten eines schwarz-grün-weiss-gelben Haufens beheimatet. Das konnte lustig werden. Aber vorher hiess es erstmal Fritten und Bier... Bier? Scheisse! Wie zu befürchten war, gab es an diesem Spieltag nur alkoholfreies und Bier-Mischgetränke. Ein Teil des Frankenheim-Blue (Alt mit Cola)-Gesöffs schwappte mir beim Transport natürlich aus dem Becher heraus, weshalb meine Finger sich kurzfristig in ziemlich klebrige Objekte verwandelten. Blärgs! Zum Glück musste man von dem Plörrzeugs aber eh ziemlich schnell schiffen, und so wurde ich das Pattex-Feeling am Waschbecken wieder los.
Schiedsrichter war Dr. Brych, der sich eigentlich fast keinen Fehler leistete, bis auf die eine Eckball-Entscheidung kurz nach dem Anpfiff zur zweiten Halbzeit...
Hans brachte das Wort "Mauertaktik" in eine völlig neue Dimension. Gerade mal drei offensive Leute sollten uns im Heimspiel (!!) zum Klassenerhalt schiessen, der Rest hinten rein und nach dem Motto "Rette sich wer kann!"
Dementsprechend ging das Spiel dann bei bester Stimmung auf den Rängen auch los. Dortmund versuchte irgendwie nach vorn zu kommen, und bei Gladbach bolzte nach kurzen, anfänglichen Abwehrwacklern, bei denen Bailly in höchster Not eingreifen musste, dann alles den Ball (wenn nötig mit dem Gegenspieler dran) einfach nur hinten raus. Da das den Gelben irgendwann zu blöde wurde, liessen deren eigene Offensiv-Bemühungen auch sehr schnell nach, und was dann auf dem Rasen geboten wurde hatte mit Fussball "spielen" absolut nichts mehr zu tun. Jedenfalls bis kurz vor der Pause die Gladbacher tatsächlich mal mit mehr als zwei Mann inner Dortmunder Hälfte antraten, was aber bei einem eigenen Eckball wohl zur Pflicht gehört. Ball rein, Dante Kopf - Pfosten! Das war unser erster Torschuss, und dann so´n Teil. Der BVB-Fan neben mir raufte sich entsetzt die Haare, um anschliessend erleichert durchzupusten. Bei mir war es ungefähr umgekehrt.
Pause. Bisher war auf den anderen Plätzen nichts Entscheidendes passiert, sieht man von der Bielefelder 1:0-Führung ab, die aber in der Höhe noch zu verschmerzen war. Den Dortmundern ging da angesichts des 0:1 für Hamburg mehr die Düse. Ach ja, und Wolfsburg ballerte Bremen in Vorfreude auf die Meisterschaft in Grund und Boden. Falls die Bayern da auf irgendwelche Nervosität im Magath-Universum gehofft hatten, wurden sie bitter enttäuscht.
Wiederanpfiff, altes Spiel: Um Himmels Willen keinen Fehler machen, und immer schön den Ball raus. Dass die Dortmunder mit der HSV-Führung als Hypothek eigentlich dringend was reissen mussten sah man denen irgendwie nicht so recht an. Nach nicht ganz einer Stunde schlug beim BVB das Pech doppelt zu. Erst musste Santana verletzungsbedingt draussen behandelt werden, und dann bekam Brych in der Zeit von seinem Assi eine Gladbacher Ecke untergejubelt, die eigentlich keine war (das konnte ich von meinem Platz aus aber nicht sehen). Diesmal zielte Dante mit der Rübe besser: 1:0. Im Stadion war dementsprechend die Hölle los, und als Günter mir per Handy die 2:0-Führung des HSV in Frankfurt durchtickerte, schien wirklich alles gut zu werden (jedenfalls für mich).
Dante, Dante, Dante... das ist einer der merkwürdigsten Fussballer, die wir je hatten. Kommt als Abwehrspieler, fabriziert vorn Kopfballtore am Fliessband, und sorgt gleichermassen auf seiner eigentlichen Position für eine Gurke nach der nächsten. Diesmal war er allerdings tatsächlich unschuldig daran, dass die Dortmunder, kaum dass man innerlich die Rettung gefeiert hatte, den Ausgleich machten. Vielmehr eierte Paul Staltery besonders dämlich am Ball vorbei, weshalb Kuba (ich hab keinen Bock jetzt zu gucken wie der wirklich geschrieben wird) frei vor Bailly zum Abschluss kam und uns die Party vorerst vermieste. Zudem stellten sich die Hamburger in Frankfurt so blöde an, dass es noch bis nach Mönchengladbach brummte (in Form des Vibrationsalarms meines Handys), und liessen sich von Frankfurt in kürzester Zeit zwei Dinger einschenken. Das alles passierte vom Gladbacher 1:0 weg in nichtmal acht Minuten, der letzte Spieltag war für mich selbst also an Dramatik kaum zu überbieten. Am Ende hätte Gladbach das Ding für den Klassenerhalt sogar noch verlieren dürfen, aber das wusste ich zu dem Zeitpunkt natürlich nicht.
Plötzlich schien für die Dortmunder das 1:1 für die Europaliga zu reichen, und sie machten den Fehler, sich darauf über 20 Minuten auszuruhen, obwohl dem HSV in Frankfurt nur ein Tor fehlte. Dass das nachher in fast letzter Minute aus dem Abseits heraus fiel, ist natürlich sehr bitter, aber andererseits. Wer selber die grosse Chance hat aus eigener Kraft alles klarzumachen, und dann die Saison inner 70. Minute des 34. Spieltags schon für beendet erklärt, hat irgendwie auch selber Schuld. Statt auf das zweite Tor zu gehen, hatten die BVB-Kicker nämlich plötzlich die Hosen voll bis zum Anschlag, und das vor einer Gladbacher Mannschaft, die nun wirklich alles tat um nicht nach vorn zu spielen, sondern diesen jämmerlichen, aber so wichtigen Punkt über die Runden zu mauern.
So kam es, wie es kommen musste. Drei Minuten vor Schluss brandete im Gladbachblock ein hämischer Jubel auf, und bei den Schwarz-Gelben wich die eben noch vorhandene Feierlaune einem ohnmächtigen Entsetzen. Die Mannschaft auf dem Platz schaffte es nicht, den Motor nochmal anzuschmeissen, und so dümpelte der Kick, der in den letzten zwanzig Minuten von keiner Mannschaft auch nur einen ernsthaften Torschuss zu verzeichnen wusste, seinem Ende entgegen.
Abpfiff, GESCHAFFT!
Wer an dieser Stelle auf Häme von mir wartet, kann lange warten. Die hab ich schon nach dem Spiel nicht gehabt. Ich hatte mit den BVB-Fans um mich rum trotz aller Rivalität und der Wichtigkeit dieses Spiels einen gegenseitig komplett stressfreien Nachmittag verbracht und die eine oder andere nette Unterhaltung geführt, warum hätte dann auf denen rumtrampeln sollen? Und deshalb mache ich das auch hier nicht, auch wenn ich mich natürlich darüber freute, dass der HSV es letztlich auf´n fünften Platz geschafft hatte.
Nachdem ich die Mannschaft ca. zwölf Kilo leichter (so viele Steine waren mir vonner Pumpe gepurzelt) für eine zumindest teilweise ganz anständige Rückrunde, und den damit halbwegs verdienten, wenn auch nicht gerade brilliant herausgekickten Klassenerhalt minutenlang abgefeiert hatte (während der BVB-Kumpel neben mir immer noch fassungslos aufs Spielfeld blickte, ich glaube, der sitzt immer noch da), machte ich mich auf die Socken zu den Shuttlebussen. Zeit hatte ich mehr als genug, schliesslich war ja ´ne Nachtfahrt eingeplant. Es gab allerdings etwas, das mich antrieb: BIERDURST! Der wurde gegenüber vom Hauptbahnhof dann auch mit etlichen Schlösser Alt vom Fass gestillt, wobei die beiden älteren Herren, die sich mit mir einen Tisch teiten, und ich uns mit dem Runden bezahlen immer ablösten.
Aber irgendwann geht auch das mal zuende, und so musste ich meine Sachen aus´m Schliessfach holen und in den Zug nach Duisburg steigen. Von da aus ging es weiter nach Essen, und dort begann meine Tour de Depp. Irgendwie liefen mir von da ab nämlich fast nur noch Honks über´n Weg.
In Essen musste ich strullen, kein Wunder, nach dem ganzen Bier. Nachdem ich im Bahnhof kein Klo gefunden hatte, verschlug es mich zu McDoof, dort hing allerdings ein Schild, dass die Toilette sich im Hauptbahnhof befinden würde. Dort ging ich also hin, und landete mit prall gefüllter Blase an einer Art Behelfsinfopoint an einem Container mit einer ziemlich verzweifelten Frau darin.
"Mahlzeit! Wo finde ich denn hier das Klo?" - "Sowas haben wir nicht."
Äääh, Moment mal, Essen ist ja nun nicht gerade ´ne Kleinstadt, da muss doch irgendwo ein Klo zu finden sein?!
"Aber, wo soll ich denn jetzt schiffen gehen?" - "Das kann ich ihnen auch nicht sagen, wir haben hier wegen des Umbaus derzeit keine Toiletten am Bahnhof." - "Das heisst, ich muss jetzt meine Stange Wasser hier irgendwo inne Ecke stellen, und bekomme eventuell noch ´n Ticket dafür wenn die Polente mich erwischt?" - "So ungefähr, ja."
Aha... Nun gut vielleicht hab ich doch noch ins Bahnhofsklo geschifft. Oder zumindest in die Baugrube davon.
Auf dem Bahnsteig trieb sich dann eine mit offensichtlich sehr ungesunden Substanzen inner Blutbahn herumschlingernde Schalker Kräuterhexe herum, die der Meinung war, mann müsse alles und jeden erstmal vorsorglich anpöbeln, auch wenn der / die ja eigentlich gar nichts verbrochen hatte. Da ich keinen Bock auf Ohrenschmerzen vom Gekeife einer Psycho-Schrulle hatte, sagte ich einfach zu allem "Ja" und "Amen", und war einfach nur froh, dass mein Zug nach Dortmund bald einrollerte.
Dortmund, und massig Zeit bis mein Nachtzug kommen sollte. Hmm... na ja, erstmal n bisschen inne Innenstadt, wo ich trotz meines Gladbach-Aufzugs zum Glück herzlichst ignoriert wurde. Die Leute da waren aber zum Grossteil eh dermassen sternhagelvoll, dass ich meine Zweifel habe ob die mich überhaupt noch optisch wahrnehmen konnten. So gelangte ich nach der Befragung vonnem Pullezisten und ´nem Bauarbeiter (Village People?) zum Irish Pub. Ein Blick auf die Bierkarte... BOAH! Newcastle Brown Ale! Wie lange hab ich das denn nicht mehr getrunken! Die 0,45-Liter-Buddel gab es zwar nur zu Stadionpreisen, aber das war mir herzlichst egal. Auf der Dachterasse dieses wirklich sehr schönen Ladens unterhielt ich mich dann noch ´ne Weile mit ein paar verzweifelten BVB-Fans, ehe ich mich auf den Weg zurück zum Bahnhof machte um unterwegs in Schlangenlinien den Dortmunder Freizeitalkoholikern auszuweichen, die da durch die Gegend eierten.
Der City-Night-Line war dann sogar halbwegs pünktlich, und nach kurzer Suche hatte ich mein Abteil gefunden. Tür auf... BUUUUUUAAAAAAAAAAAAAAAH!!!! Pfui Deibel!
Habt ihr schonmal einen wirklich üblen Tilsiter Käse angeschnitten? So einen mit schön schmieriger Rinde und einem Aroma, das die Fliegen vonner Wand fallen und die Mäuse bei der UNO anrufen lässt wegen des Einsatzes von Giftgas? Einen, der noch dreissig Meter weiter zu riechen ist? Ungefähr so muffelten die Füsse von der jungen Dame, die mit ihrem Hans-Wurst und einem armen, geplagten älteren Herren schon im Abteil sass. Und sie hatte natürlich weder Schuhe noch Socken an. Und die sassen schon seit Amsterdam in dem Abteil, also habt ihr jetzt ungefähr ´nen Plan, was mir da für ´ne Wolke entgegenschlug. WÜRG! Dagegen war die "Luft" im Manchester-Bus das reinste Frühlingswindchen.
Okay, Nase zu, und durch. Für ein paar Minuten bin ich dann nach einer Weile auch tatsächlich eingepennt, so bis morgens um halb vier.
"Schaaaatz...."... "Schaaatz..." ... "Schaaatz..."
Hä, wat´n nu los?!
"Schaaaaatz..."
Madam Stinkefuss war wach, und gab sich auch wirklich alle Mühe das jedem mitzuteilen. Inzwischen war auch ein weiiteres Päärchen dunkelhäutiger Mitbürger zugestiegen, deren Dame schon genervt die Augen verdrehte.
"Schaaatz..."
GRRRR...
Das ging dann wirklich so bis Hamburg weiter (und die Kiste hatte inzwischen eine Stunde Verspätung).
"Schaaaatz..." Liebe Frau, wenn man mit einer Digitalkamera einen grau-schwarzen Himmel fotografiert, dann darf man sich auch nicht wundern, wenn auf dem Bild auch nur dunkles Gewaber zu erkennen ist.
"Schaaatz, mit der Einstellung muss irgendwas nicht stimmen, der macht keine guten Bilder..."
Dazu muss gesagt werden, dass de Stimme dieser Dame einen extrem jammerigen Ton hatte und zudem auch noch komplett gleichförmig hingeleiert wurde.
"Schaaaatz... das geht immer noch nicht..." AAARGH! Da draussen ist auch NICHTS! Ein leicht angehender grauer Streifen am Horizont, plattes Land, keine Stadt, keine Strassenlaterne, kein Haus, GAR NICHTS!
"Schaaatz..."
Als die in Hamburg endlich den Zug verliessen (nicht ohne vorher nochmal kurz zurückzukommen und irgendwie die Hälfte des überfüllten Müllbehälters versehentlich auf dem Boden zu verteilen), konnte ich mir ein "Noch zehn Minuten länger, und ich hätte die Alte umgebracht." nicht verkneifen, was bei der genervten Dame gegenüber immerhin die Stimmung wieder aufhellen konnte, ihrem Gekicher nach zu urteilen. Und die Luft wurde auch langsam wieder besser.
In Neumünster kam ich eine Stunde zu spät an, was aber gar nicht so unpraktisch war. Schliesslich musste ich so nur eine, und nicht zwei Stunden in dieser "Weltmetropole" rumhängen. Da der Bahnhofsladen mit den humanen Preisen dort ja rund um die Uhr geöffnet hat, gab es sogar noch ein halbwegs bezahlbares Frühstück. Was es leider nicht gab, war die planmässige Öffnung des Bahnhofsklos. Dabei wollte bei mir das am Vorabend getrunkene Altbier zu gern seine Nebenwirkungen entfachen. Da hiess es wohl noch tapfer ´ne halbe Stunde durchhalten, bis der Zug endlich kommt.
Am Bahnnsteig gegenüber unterhielt sich unterdessen dir Neumünsteraner Hartz IV-Gemeinde über die Ungerechtigkeit des Universums. Leute, wenn ihr genug Geld habt, um euch bis morgens um sechs die Rübe dichtzuorgeln, dann kann es euch so schlecht nicht gehen. Auf meiner Mission "Ist das Klo nu endlich auf?" lief mir dann ein Techno-Spinner über den Weg, der mir unbedingt erzählen musste, dass er sich mal auf dem Weg von Rendsburg nach Neumünster mit seinem Motorrroller verfahren hat. Ähm, interessant. Honks...
Irgendwann um kurz nach sieben betrat ich ziemlich kaputt, aber glücklich wieder Rendsburger Boden.
Gruss
Dilbert
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