Dilbert
Pils-Legende
Mahlzeit!
Ach ja, wird mal Zeit, sich wieder an die Arbeit zu machen. Diesmal gibt´s drei Spiele zum Preis von einem, deshalb werde ich versuchen, mich irgendwie kurz zu fassen.
34. Spieltag 2010 - 2011
Am letzten Spieltag der vergangenen Saison sah die Welt noch anders aus. Meine Borussen hatten einen der sensationellsten Existenzkämpfe der Bundesliga-Geschichte in den letzten Wochen hingeledert, und mussten nun ausgerechnet beim HSV antreten. Da ich an dem Samstag im Mai arbeiten musste, stand die Anreise mit dem Auto an, was bei so einem Spiel irgendwie blöde ist, aber dazu später mehr. Nach kurzen Stau kamen Günter, Daniel und ich relativ pünktlich an diesem teilweise höchst verregneten Gruseltag bei Reifen-Herbert auf dem Parkplatz an. Nach einem kurzen Stopp bei Knappi (Sogar die mir bekannten HSV-Fans drückten mir in Sachen Klassenerhalt irgendwie die Daumen, und das trotz meiner "Fahnenflucht"... na ja, für den HSV ging es nach dieser völlig vermurksten Saison mit dem wohl teuersten und charakterlich beschissensten Kader der jüngeren Vereinsvergangenheit ja auch um absolut nichts mehr. Trotzdem: Danke Jungs!) machte ich mich auf die Socken um noch irgendwie eine Karte für den Gästeblock zu ergattern. Was zwei Wochen zuvor in Hannover kein grösseres Problem war, erwies sich in Hamburg trotz Stadionumrundung als völlig hoffnungsloses Unterfangen.
Wat nu? Tja, man nehme seinen Rucksack, stopfe alles was man an schwarz-weiss-grünen Klamotten hat da rein, gelange mit seiner Nordtribünen-Dauerkarte ins Stadion, und begebe sich als Doppelagent ganz in schwarz auf seinen Stammplatz in den Block 23A.
So, Freunde, Nachbarn, Landsleute und wer hier sonst noch so rumliest, stellt euch mal folgendes Szenario vor: Eure Mannschaft, der ihr seit 30 Jahren die Treue haltet, hat in den letzten Wochen das Unmögliche möglich gemacht, und tatsächlich noch eine Chance auf den Klassenerhalt. Und ihr steht im Block des Gegners mit einem Rucksack voller Fanartikel eures Lieblingsvereins, dürft kein Bier saufen und müsst bei diesem Herzschlagfinale auch noch 90 Minuten lang die Fresse halten, weil einem ansonsten einige weniger tolerante Typen als die Stammplatz-Kumpels um einen rum eventuell das Licht ausdrehen wollen, oder zumindest die Ordner einen eventuell rausschmeissen würden.
Schön ist dat nicht...
Block 22C hatte diesmal den unverhohlenen Sarkasmus im Gepäck, und zwar in Form von allerlei aufblasbarem Stand- / Poolspielzeug, "Endlich Urlaub"-Transparenten und einem grossen "Zum Glück geht es in 77 Tagen wieder los!"-Banner. (Oder so ähnlich, ich hab den Text nicht mehr genau im Kopf.) Einen Teil der aufblasbaren Palmen und Wasserbälle (erinnerte mich irgendwie an die Fans von Manchester City bei unseren Europacup-Gastspiel) bunkerte sich Niko, der Sohn von Harald, und wenn er den ganzen Kram wirklich behalten hat, ist sein Zimmer jetzt schön bunt. Ansonsten wurde Rost gebührend mit etlichen Plakaten verabschiedet, und wenn man bedenkt wie die neue Saison losging, bin ich wahrscheinlich nicht der einzige, der seinen Abgang jetzt noch mehr bedauert als damals schon.
Ich weiss jetzt nicht mehr wer der Schiedsrichter war, aber die Gladbacher spielten in der ersten Halbzeit in etwa so wie in den Wochen zuvor: Mit viel Dampf und Kampf. Als Arango dann das 0:1 per Freistoss markierte, war ich natürlich gerade am Getränkestand... Wenn ich nervös bin muss ich immer was zu trinken haben, und wenn es nur Mineralwasser ist. Nachdem auch Wolfsburg in Hoffenheim zurücklag, schien die Rettung schon fast perfekt.
Tja, und dann passierte so einiges. Einmal rutschte meinen Borussen so kurz vor dem Ziel dann leider das Herz in die Hose, weshalb sie sich in der zweiten Halbzeit viel zu weit zurückzogen. Ausserdem wurden die Hamburger dann doch noch an ihrer in den Vorwochen kaum erkennbaren Ehre gepackt, und rissen sich für die letzten 45 Minuten der Saison tatsächlich die Ärsche für einen halbwegs akzeptablen Abgang auf. Was auch für die Wolfsburger galt, die in Hoffenheim das Spiel drehten. Als der HSV dann durch Ben Hatira (viel Glück in Berlin!) irgendwie den verdienten Ausgleich ins Tor stolperte und Frankfurt beim BVB trotz einer grottigen Darbietung in Führung ging, wurde aus der zuvor so nahen Rettung der nahende Direktabstieg.
Die Ironie des ganzen Gezitters lag schlussendlich darin, dass es letztlich sch...egal war ob Gladbach in Hamburg ´nen Kantersieg hinlegt oder ´ne Megaklatsche bekommt. Nachdem die Dortmunder den Frankfurtern mit einer Energieleistung das Genick brachen, ging der Abstiegsterror einfach noch zwei Spiele gegen Bochum weiter. Zum Glück hat es dann ja noch gereicht.
Nach dem Schlusspfiff in Hamburg verschwand Rost ziemlich schnell in der Kabine und kam da erstmal auch nicht wieder raus. Ich hab später auf seiner Homepage gelesen, dass er sich erst Minuten nach den anderen noch von den Fans verabschiedet hat, da waren wir aber nicht mehr im Stadion. Wirklich stimmungsvoll fiel der Abschied für die treue Seele Collin aus, der in seiner langen Zeit bei uns wegen etlicher böser Verletzungen irgendwie nie den Sprung in die Stammelf schaffte, es aber unermüdlich immer wieder versucht hat. Als er nach einem Jahrzehnt HSV mit minutenlangen Standing Ovations in die weite Welt entlassen wurde, flennend mit seiner Tochter vor der Nordtribüne stand und für einige Zeit mal der Mittelpunkt der Welt war, war ich wahrscheinlich nicht der einzige Stadiionbesucher, der ein wenig mit Pipi inne Augen zu kämpfen hatte. Und einige Kollegen wie Trochowski sollten mal darüber nachdenken, warum sie nicht mal ansatzweise so herzlich behandelt wurden. Alle drei Monate mal ´nen guten Freistoss schiessen, ständige unberechtigte Stammplatzforderungen ohne Leistung und völlige Selbstüberschätzung reichen eben doch nicht aus, um als Fussballprofi ´ne grosse Nummer zu werden, und die Herzen der Fans zu erobern, Piotr...
Da auffer Heimfahrt nichts mehr passierte blättere ich den Tourkalender mal vor auf:
2. Spieltag 2011 - 2012
Nachdem der erste Spieltag beim Deutschen Meister nicht gerade verheissungsvoll über die Bühne gegangen war, waren wir natürlich gespannt wie unser neu zusammengewürfelter FC Chelsea II gegen den in der Vorwoche vom 1. FC Nürnberg geschlagenen Aufsteiger aus der Hauptstadt anstellen würde.
Wie später unsere Defensivabteilung inner Mannschaft hatte auch der Zug von Rendsburg nach Neumünster Verspätung, mit den Günni, Daniel und euer Schreiberling die ersten Kilometer zurücklegen wollten. Da blieb dann auch mal Zeit für ein paar Witze mit dem Zugbegleiter, als die Karre nach ein paar Metern gleich wieder stehenblieb. Der öffnete die Tür um zu gucken was draussen los war, worauf ich mir ein "He, bleib hier, dich brauchen wir noch" nicht verkneifen konnte. Er nahm es mit Humor.
Während wir anschliessend relativ entspannt in Richtung Hamburg gondelten, hatten Freunde von mir, die gerade zu Besuch aus München (ja ja, ich weiss, wo ist das denn?) im hohen Norden waren, und sich die Gelegenheit mal wieder in den Volkspark zu kommen nicht nehmen lassen wollten, auf der Autobahn weniger Glück. Während wir bei Knappi die wie immer nette Bewirtung genossen, standen die vor der Ausfahrt in einem kilometerlangen Stau. Ich hatte sie vorher gewarnt, aber auf den Dicken hört ja nie eine(r).
Ach ja, Knappi. Immer schön, die alten Stammgäste, Manchester-Fahrer und Bier- / Wurstmädels nach zweieinhalb Monaten wiederzusehen.
Nicht schön ist es, wenn man den Beusch aus München nicht sieht.
Nachdem wir im Block 23A die alte Garde (Reinhard, Wolfgang usw.) begrüsst hatten, machte ich mich auf die Strümpfe um die Besucher aus dem Süden zu begrüssen, die Tickets für den Block 21C hatten. Ich weiss nicht, wie wir es da geschafft haben trotz Handy ständig aneinander vorbeizulatschen, jedenfalls stand dann auf einmal schon der olle Lotto auf dem Kran rum, und es war höchste Zeit wieder runterzuflitzen.
Die Mannschaftsaufstellung war im Vergleich zum Vorjahr natürlich kräftig durcheinandergewürfelt. Im Tor Drobny statt Rost, die Viererkette abgesehen von Aogo und Diekmeier - der ja auch noch ´n halber Neuzugang ist nach seiner Verletzungsseuche - ausgetauscht, Westermann (konnten wir statt dem nicht Mathijsen behalten? Sorry, ist ´n netter Kerl, aber... das geht mit dem irgendwie gar nicht...) im defensiven Mittelfeld, Töre, Skjelbred... (WER????)... und dann aus unerklärlichen Gründen mal wieder die ständig abwanderungswillige, verzogene Salatbremse Elia (keine Leistung - volles Konto, viel Spass in Turin) auf´m Platz.
Das Spiel war, gelinde gesagt, sehr ernüchternd. Wenn man vom BVB in Galaform ein wenig über den Haufen gerannt wird, das kann ja mal passieren, wenn auch nicht unbedingt in der Form. Wenn man aber gegen ein gerade aufgestiegenes Hertha BSC Berlin zuhause Glück hat, nicht mit 2:5 oder noch schlimmer unter die Räder zu kommen, sondern einen ziemlich unverdienten Punkt einzufahren, dann macht man sich schon Gedanken ob das defensiv denn alles wirklich was mit Bundesliga-Fussball zu tun hat. Okay, inzwischen wissen wir: Hat es nicht. Wie eine Woche später die Bajuwaren, wurden auch die Berliner geradezu eingeladen, uns die Pille in die Kiste zu zimmern. Stellvertretend dafür steht sicherlich die Szene in der ersten Halbzeit, als nacheinander Lell und Raffael die Stabilität unseres Torgestänges testeten.
So stand es in Hamburg am Ende 2:2, in Mönchengladbach später 1:1, und in meiner Birne nach diversen Wiedersehens-Bierchen mit unserem Harald irgendwie wohl ca. 1,4....
4. Spieltag 2011 - 2012
Alarm, die Kölner kommen! Auf zum Kellerduell, wieder mit der Bahn. Die war diesmal aber um einiges pünktlicher. Dafür war Daniel nicht mit, der bei seinen Hausmeisterpflichten wegen einer kaputten Dusche nachkommen musste, und so seine Karte für ein Spiel an seinen Onkel Norbert abtrat. Ansonsten passierte auf der Hinfahrt nichts bemerkenswertes, sieht man davon ab, dass wir zum letzten mal bei der Einfahrt nach Hamburg ein Bierchen inner S-Bahn schlürfen konnten. Dat ist ja (Zeit jetzt, da ich dieses schreibe) seit genau 31 Minuten verboten.
Wo es aber auch weiterhin Bier gibt, ist natürlich Knappi, und da latschten wir dann auch hin.
Im Stadion sind nun endlich die Zeiten vorbei, in denen mich einer mit der Dauerkarte von einem anderen in 23A schmuggeln musste, da ich in der Sommerpause nach vier Jahren auch offiziell den Block gewechselt habe. Wenn die so weiterspielen, sollte ich wohl ernsthaft überlegen, das wieder rückgängig zu machen, die neue Karte scheint nun wirklich absolut kein Glück zu bringen.
Diesmal war Harald ausnahmsweise mal vor uns da, während ich bei Reinhard und Wolfgang langsam den Verdacht habe, dass die im Stadion wohnen. Egal wann man kommt, die sind einfach immer schon anwesend.
Wer mal wieder nicht anwesend war (zumindest geistig), war unsere komplette Hintermannschaft. Das fängt bei Drobny an und hört bei Jansen auf, der wirklich nicht viel dafür tut sich langfristig für einen Stammplatz zu empfehlen. Allerdings muss ich hier auch ganz klar mal den Finger in die Wunde legen: Hallo Trainer! Es tut mir leid, Oenning, aber kann es sein dass da wirklich niemand weiss, was er zu tun hat? Von Dortmund 60 Minuten lang pur dominiert, von Berlin teilweise lächerlich gemacht, von den Bajuwaren zerfetzt und gedemütigt wie ein hölzerner Fischkutter nach ´ner Kollision mit der USS Missouri, und dann gegen verunsicherte Kölner so ein peinlicher Auftritt. Irgendwo hört auch bei unsereinem das Verständnis für taktische Planlosigkeit, hirnrissige Stellungsfehler, durch die Abwehr spazierende Gegner, und schon fast an Logan Bailly in seinen schlimmsten Gladbacher Zeiten erinnernde Torwartfehler mal auf.
Ach ja, es würde dem Haufen da hinten wohl mal gut tun, wenn man einen Keeper hätte, auf den man sich verlassen kann. Die lange Spielpause war für Drobny trotz seiner grossen Erfahrung scheinbar pures Gift, anders kann ich mir nicht erklären wie einer, der einst als einer der besten Keeper der Liga galt, so viel Scheisse bauen kann. Hier noch eine Anmerkung: Adler, Neuer, ter Stegen, Zieler... Ähm... es soll durchaus schon Vereine gegeben haben, bei denen es gut tat, einen unbelasteten Jungspund inne Kiste zu stellen. Wenn man da einen Mickel auffer Bank hat, sollte man ihm vielleicht mal die Chance geben einen ähnlichen Weg zu gehen. Ich bin nun leider nie beim Training, aber noch unsicherer als Drobny derzeit kann der Kerl gar nicht agieren.
Und dann stelle ich mir nebenbei noch die Frage, ob ein Trainer der richtige sein kann, der schon in der letzten Saison aus einer namentlich hochdekorierten Truppe nicht mehr als einen lächerlichen Sieg in acht Spielen (passenderweise gegen zu dem Zeitpunkt indisponierte Kölner und in seinem ersten Spiel) herausholen konnte, und dessen neuformierte Mannschaft in dieser Saison wie der letzte Hühnerhaufen durch die Gegend rennt, und wirklich keinerlei Strategie oder ansatzweise vernünftige Raumaufteilung erkennen lässt.
Ganz ehrlich: Ich hab von der Oenning-Nummer von Anfang an nicht viel gehalten, aber man hofft ja bei sowas immer, dass man daneben liegt. Traurig aber wahr: Es ist noch schlimmer gekommen.
Wobei ich nicht sagen will, dass die Jungs gegen Köln nicht zumindest den Willen hatten das Ding zu gewinnen. Nach vorn sah das schon halbwegs nach Fussball aus, aber was nützt der ganze Aufwand, wenn am Ende der Keeper singt:
"Kaum steh ich hier und springe lachen sie in Nah und Fern
Sie toben und sie freun sich, sie sehen Tore gern
Ich box den Ball zum Gegner, der schiesst ihn fröhlich rein
Als Torwart ohne Dusel ist man echt ein armes Schwein..."
Was bringt der ganze Aufwand, wenn man zweimal hintereinander auf den flachen Ball zum langen Pfosten hereinfällt, wo der Gegner völlig frei einschieben kann? Was bringen einem drei Tore, wenn bei einer Ecke der Gegner sechs Minuten vor Schluss ungedeckt am Elfmeterpunkt stehen und die Pille ins Netz knolzen darf? Wie kann man als Profimannschaft in vier Spielen nacheinander solche Fehler machen und NICHTS daraus lernen? Was machen die im Training? Spielen die FIFA 99 auf Stufe "Amateur"?
Und als ob die ganze Schei...e nicht schlimm genug wäre, hat sich in diesem bekloppten Fussballspiel auch noch Son verletzt, weshalb er (mal wieder, arme Socke) vier bis sechs Wochen ausfällt. Dabei ist gerade der mit seinen genialen Momenten für unser Spiel nach vorn meiner Meinung nach nicht zu ersetzen.
Na gut, nach dem Abpfiff machte man sich also entsetzt auf den Heimweg, bzw. erstmal auf den Weg zu Knappi um ein paar Dosen zu holen. Das letzte Bier in der Hamburger S-Bahn genehmigten wir uns auf dem Weg zum Hauptbahnhof. Dort bekamen wir locker flockig ein Abteil im Zug nach Hause, und so ging es auf der Rückfahrt trotz einiger Flucherei über unseren abwehrtechnisch so indisponierten Haufen relativ gemütlich zu. Der Tag endete für mich auf dem Rendsburger Stadtfest, wo ein Kumpel seinen Geburtstag nachfeierte. Ich machte mich aber dann doch ziemlich früh erschöpft auf den Weg nach hause, man wird langsam alt. Unterwegs schmiedete ich Mordpläne für einen DJ auf einer Partybühne, der mir nacheinander Wolle Petry, Mr. Saxobeat, Barbie Girl, Shakira und Sun Is Up in die Lauscher bratzte, obwohl er einen Kilometer Luftlinie weit weg war. Das war fast so laut wie Motörhead in Wacken, nur ist bei Motörhead die Mucke besser als dieser verschissene Ballermanndreck.
In dem Sinne: Gute Nacht!
Es kann ergebnistechnisch wie musikalisch nur besser werden...
Ach ja, wird mal Zeit, sich wieder an die Arbeit zu machen. Diesmal gibt´s drei Spiele zum Preis von einem, deshalb werde ich versuchen, mich irgendwie kurz zu fassen.
34. Spieltag 2010 - 2011
Am letzten Spieltag der vergangenen Saison sah die Welt noch anders aus. Meine Borussen hatten einen der sensationellsten Existenzkämpfe der Bundesliga-Geschichte in den letzten Wochen hingeledert, und mussten nun ausgerechnet beim HSV antreten. Da ich an dem Samstag im Mai arbeiten musste, stand die Anreise mit dem Auto an, was bei so einem Spiel irgendwie blöde ist, aber dazu später mehr. Nach kurzen Stau kamen Günter, Daniel und ich relativ pünktlich an diesem teilweise höchst verregneten Gruseltag bei Reifen-Herbert auf dem Parkplatz an. Nach einem kurzen Stopp bei Knappi (Sogar die mir bekannten HSV-Fans drückten mir in Sachen Klassenerhalt irgendwie die Daumen, und das trotz meiner "Fahnenflucht"... na ja, für den HSV ging es nach dieser völlig vermurksten Saison mit dem wohl teuersten und charakterlich beschissensten Kader der jüngeren Vereinsvergangenheit ja auch um absolut nichts mehr. Trotzdem: Danke Jungs!) machte ich mich auf die Socken um noch irgendwie eine Karte für den Gästeblock zu ergattern. Was zwei Wochen zuvor in Hannover kein grösseres Problem war, erwies sich in Hamburg trotz Stadionumrundung als völlig hoffnungsloses Unterfangen.
Wat nu? Tja, man nehme seinen Rucksack, stopfe alles was man an schwarz-weiss-grünen Klamotten hat da rein, gelange mit seiner Nordtribünen-Dauerkarte ins Stadion, und begebe sich als Doppelagent ganz in schwarz auf seinen Stammplatz in den Block 23A.
So, Freunde, Nachbarn, Landsleute und wer hier sonst noch so rumliest, stellt euch mal folgendes Szenario vor: Eure Mannschaft, der ihr seit 30 Jahren die Treue haltet, hat in den letzten Wochen das Unmögliche möglich gemacht, und tatsächlich noch eine Chance auf den Klassenerhalt. Und ihr steht im Block des Gegners mit einem Rucksack voller Fanartikel eures Lieblingsvereins, dürft kein Bier saufen und müsst bei diesem Herzschlagfinale auch noch 90 Minuten lang die Fresse halten, weil einem ansonsten einige weniger tolerante Typen als die Stammplatz-Kumpels um einen rum eventuell das Licht ausdrehen wollen, oder zumindest die Ordner einen eventuell rausschmeissen würden.
Schön ist dat nicht...
Block 22C hatte diesmal den unverhohlenen Sarkasmus im Gepäck, und zwar in Form von allerlei aufblasbarem Stand- / Poolspielzeug, "Endlich Urlaub"-Transparenten und einem grossen "Zum Glück geht es in 77 Tagen wieder los!"-Banner. (Oder so ähnlich, ich hab den Text nicht mehr genau im Kopf.) Einen Teil der aufblasbaren Palmen und Wasserbälle (erinnerte mich irgendwie an die Fans von Manchester City bei unseren Europacup-Gastspiel) bunkerte sich Niko, der Sohn von Harald, und wenn er den ganzen Kram wirklich behalten hat, ist sein Zimmer jetzt schön bunt. Ansonsten wurde Rost gebührend mit etlichen Plakaten verabschiedet, und wenn man bedenkt wie die neue Saison losging, bin ich wahrscheinlich nicht der einzige, der seinen Abgang jetzt noch mehr bedauert als damals schon.
Ich weiss jetzt nicht mehr wer der Schiedsrichter war, aber die Gladbacher spielten in der ersten Halbzeit in etwa so wie in den Wochen zuvor: Mit viel Dampf und Kampf. Als Arango dann das 0:1 per Freistoss markierte, war ich natürlich gerade am Getränkestand... Wenn ich nervös bin muss ich immer was zu trinken haben, und wenn es nur Mineralwasser ist. Nachdem auch Wolfsburg in Hoffenheim zurücklag, schien die Rettung schon fast perfekt.
Tja, und dann passierte so einiges. Einmal rutschte meinen Borussen so kurz vor dem Ziel dann leider das Herz in die Hose, weshalb sie sich in der zweiten Halbzeit viel zu weit zurückzogen. Ausserdem wurden die Hamburger dann doch noch an ihrer in den Vorwochen kaum erkennbaren Ehre gepackt, und rissen sich für die letzten 45 Minuten der Saison tatsächlich die Ärsche für einen halbwegs akzeptablen Abgang auf. Was auch für die Wolfsburger galt, die in Hoffenheim das Spiel drehten. Als der HSV dann durch Ben Hatira (viel Glück in Berlin!) irgendwie den verdienten Ausgleich ins Tor stolperte und Frankfurt beim BVB trotz einer grottigen Darbietung in Führung ging, wurde aus der zuvor so nahen Rettung der nahende Direktabstieg.
Die Ironie des ganzen Gezitters lag schlussendlich darin, dass es letztlich sch...egal war ob Gladbach in Hamburg ´nen Kantersieg hinlegt oder ´ne Megaklatsche bekommt. Nachdem die Dortmunder den Frankfurtern mit einer Energieleistung das Genick brachen, ging der Abstiegsterror einfach noch zwei Spiele gegen Bochum weiter. Zum Glück hat es dann ja noch gereicht.
Nach dem Schlusspfiff in Hamburg verschwand Rost ziemlich schnell in der Kabine und kam da erstmal auch nicht wieder raus. Ich hab später auf seiner Homepage gelesen, dass er sich erst Minuten nach den anderen noch von den Fans verabschiedet hat, da waren wir aber nicht mehr im Stadion. Wirklich stimmungsvoll fiel der Abschied für die treue Seele Collin aus, der in seiner langen Zeit bei uns wegen etlicher böser Verletzungen irgendwie nie den Sprung in die Stammelf schaffte, es aber unermüdlich immer wieder versucht hat. Als er nach einem Jahrzehnt HSV mit minutenlangen Standing Ovations in die weite Welt entlassen wurde, flennend mit seiner Tochter vor der Nordtribüne stand und für einige Zeit mal der Mittelpunkt der Welt war, war ich wahrscheinlich nicht der einzige Stadiionbesucher, der ein wenig mit Pipi inne Augen zu kämpfen hatte. Und einige Kollegen wie Trochowski sollten mal darüber nachdenken, warum sie nicht mal ansatzweise so herzlich behandelt wurden. Alle drei Monate mal ´nen guten Freistoss schiessen, ständige unberechtigte Stammplatzforderungen ohne Leistung und völlige Selbstüberschätzung reichen eben doch nicht aus, um als Fussballprofi ´ne grosse Nummer zu werden, und die Herzen der Fans zu erobern, Piotr...
Da auffer Heimfahrt nichts mehr passierte blättere ich den Tourkalender mal vor auf:
2. Spieltag 2011 - 2012
Nachdem der erste Spieltag beim Deutschen Meister nicht gerade verheissungsvoll über die Bühne gegangen war, waren wir natürlich gespannt wie unser neu zusammengewürfelter FC Chelsea II gegen den in der Vorwoche vom 1. FC Nürnberg geschlagenen Aufsteiger aus der Hauptstadt anstellen würde.
Wie später unsere Defensivabteilung inner Mannschaft hatte auch der Zug von Rendsburg nach Neumünster Verspätung, mit den Günni, Daniel und euer Schreiberling die ersten Kilometer zurücklegen wollten. Da blieb dann auch mal Zeit für ein paar Witze mit dem Zugbegleiter, als die Karre nach ein paar Metern gleich wieder stehenblieb. Der öffnete die Tür um zu gucken was draussen los war, worauf ich mir ein "He, bleib hier, dich brauchen wir noch" nicht verkneifen konnte. Er nahm es mit Humor.
Während wir anschliessend relativ entspannt in Richtung Hamburg gondelten, hatten Freunde von mir, die gerade zu Besuch aus München (ja ja, ich weiss, wo ist das denn?) im hohen Norden waren, und sich die Gelegenheit mal wieder in den Volkspark zu kommen nicht nehmen lassen wollten, auf der Autobahn weniger Glück. Während wir bei Knappi die wie immer nette Bewirtung genossen, standen die vor der Ausfahrt in einem kilometerlangen Stau. Ich hatte sie vorher gewarnt, aber auf den Dicken hört ja nie eine(r).
Ach ja, Knappi. Immer schön, die alten Stammgäste, Manchester-Fahrer und Bier- / Wurstmädels nach zweieinhalb Monaten wiederzusehen.
Nicht schön ist es, wenn man den Beusch aus München nicht sieht.
Nachdem wir im Block 23A die alte Garde (Reinhard, Wolfgang usw.) begrüsst hatten, machte ich mich auf die Strümpfe um die Besucher aus dem Süden zu begrüssen, die Tickets für den Block 21C hatten. Ich weiss nicht, wie wir es da geschafft haben trotz Handy ständig aneinander vorbeizulatschen, jedenfalls stand dann auf einmal schon der olle Lotto auf dem Kran rum, und es war höchste Zeit wieder runterzuflitzen.
Die Mannschaftsaufstellung war im Vergleich zum Vorjahr natürlich kräftig durcheinandergewürfelt. Im Tor Drobny statt Rost, die Viererkette abgesehen von Aogo und Diekmeier - der ja auch noch ´n halber Neuzugang ist nach seiner Verletzungsseuche - ausgetauscht, Westermann (konnten wir statt dem nicht Mathijsen behalten? Sorry, ist ´n netter Kerl, aber... das geht mit dem irgendwie gar nicht...) im defensiven Mittelfeld, Töre, Skjelbred... (WER????)... und dann aus unerklärlichen Gründen mal wieder die ständig abwanderungswillige, verzogene Salatbremse Elia (keine Leistung - volles Konto, viel Spass in Turin) auf´m Platz.
Das Spiel war, gelinde gesagt, sehr ernüchternd. Wenn man vom BVB in Galaform ein wenig über den Haufen gerannt wird, das kann ja mal passieren, wenn auch nicht unbedingt in der Form. Wenn man aber gegen ein gerade aufgestiegenes Hertha BSC Berlin zuhause Glück hat, nicht mit 2:5 oder noch schlimmer unter die Räder zu kommen, sondern einen ziemlich unverdienten Punkt einzufahren, dann macht man sich schon Gedanken ob das defensiv denn alles wirklich was mit Bundesliga-Fussball zu tun hat. Okay, inzwischen wissen wir: Hat es nicht. Wie eine Woche später die Bajuwaren, wurden auch die Berliner geradezu eingeladen, uns die Pille in die Kiste zu zimmern. Stellvertretend dafür steht sicherlich die Szene in der ersten Halbzeit, als nacheinander Lell und Raffael die Stabilität unseres Torgestänges testeten.
So stand es in Hamburg am Ende 2:2, in Mönchengladbach später 1:1, und in meiner Birne nach diversen Wiedersehens-Bierchen mit unserem Harald irgendwie wohl ca. 1,4....
4. Spieltag 2011 - 2012
Alarm, die Kölner kommen! Auf zum Kellerduell, wieder mit der Bahn. Die war diesmal aber um einiges pünktlicher. Dafür war Daniel nicht mit, der bei seinen Hausmeisterpflichten wegen einer kaputten Dusche nachkommen musste, und so seine Karte für ein Spiel an seinen Onkel Norbert abtrat. Ansonsten passierte auf der Hinfahrt nichts bemerkenswertes, sieht man davon ab, dass wir zum letzten mal bei der Einfahrt nach Hamburg ein Bierchen inner S-Bahn schlürfen konnten. Dat ist ja (Zeit jetzt, da ich dieses schreibe) seit genau 31 Minuten verboten.
Wo es aber auch weiterhin Bier gibt, ist natürlich Knappi, und da latschten wir dann auch hin.
Im Stadion sind nun endlich die Zeiten vorbei, in denen mich einer mit der Dauerkarte von einem anderen in 23A schmuggeln musste, da ich in der Sommerpause nach vier Jahren auch offiziell den Block gewechselt habe. Wenn die so weiterspielen, sollte ich wohl ernsthaft überlegen, das wieder rückgängig zu machen, die neue Karte scheint nun wirklich absolut kein Glück zu bringen.
Diesmal war Harald ausnahmsweise mal vor uns da, während ich bei Reinhard und Wolfgang langsam den Verdacht habe, dass die im Stadion wohnen. Egal wann man kommt, die sind einfach immer schon anwesend.
Wer mal wieder nicht anwesend war (zumindest geistig), war unsere komplette Hintermannschaft. Das fängt bei Drobny an und hört bei Jansen auf, der wirklich nicht viel dafür tut sich langfristig für einen Stammplatz zu empfehlen. Allerdings muss ich hier auch ganz klar mal den Finger in die Wunde legen: Hallo Trainer! Es tut mir leid, Oenning, aber kann es sein dass da wirklich niemand weiss, was er zu tun hat? Von Dortmund 60 Minuten lang pur dominiert, von Berlin teilweise lächerlich gemacht, von den Bajuwaren zerfetzt und gedemütigt wie ein hölzerner Fischkutter nach ´ner Kollision mit der USS Missouri, und dann gegen verunsicherte Kölner so ein peinlicher Auftritt. Irgendwo hört auch bei unsereinem das Verständnis für taktische Planlosigkeit, hirnrissige Stellungsfehler, durch die Abwehr spazierende Gegner, und schon fast an Logan Bailly in seinen schlimmsten Gladbacher Zeiten erinnernde Torwartfehler mal auf.
Ach ja, es würde dem Haufen da hinten wohl mal gut tun, wenn man einen Keeper hätte, auf den man sich verlassen kann. Die lange Spielpause war für Drobny trotz seiner grossen Erfahrung scheinbar pures Gift, anders kann ich mir nicht erklären wie einer, der einst als einer der besten Keeper der Liga galt, so viel Scheisse bauen kann. Hier noch eine Anmerkung: Adler, Neuer, ter Stegen, Zieler... Ähm... es soll durchaus schon Vereine gegeben haben, bei denen es gut tat, einen unbelasteten Jungspund inne Kiste zu stellen. Wenn man da einen Mickel auffer Bank hat, sollte man ihm vielleicht mal die Chance geben einen ähnlichen Weg zu gehen. Ich bin nun leider nie beim Training, aber noch unsicherer als Drobny derzeit kann der Kerl gar nicht agieren.
Und dann stelle ich mir nebenbei noch die Frage, ob ein Trainer der richtige sein kann, der schon in der letzten Saison aus einer namentlich hochdekorierten Truppe nicht mehr als einen lächerlichen Sieg in acht Spielen (passenderweise gegen zu dem Zeitpunkt indisponierte Kölner und in seinem ersten Spiel) herausholen konnte, und dessen neuformierte Mannschaft in dieser Saison wie der letzte Hühnerhaufen durch die Gegend rennt, und wirklich keinerlei Strategie oder ansatzweise vernünftige Raumaufteilung erkennen lässt.
Ganz ehrlich: Ich hab von der Oenning-Nummer von Anfang an nicht viel gehalten, aber man hofft ja bei sowas immer, dass man daneben liegt. Traurig aber wahr: Es ist noch schlimmer gekommen.
Wobei ich nicht sagen will, dass die Jungs gegen Köln nicht zumindest den Willen hatten das Ding zu gewinnen. Nach vorn sah das schon halbwegs nach Fussball aus, aber was nützt der ganze Aufwand, wenn am Ende der Keeper singt:
"Kaum steh ich hier und springe lachen sie in Nah und Fern
Sie toben und sie freun sich, sie sehen Tore gern
Ich box den Ball zum Gegner, der schiesst ihn fröhlich rein
Als Torwart ohne Dusel ist man echt ein armes Schwein..."
Was bringt der ganze Aufwand, wenn man zweimal hintereinander auf den flachen Ball zum langen Pfosten hereinfällt, wo der Gegner völlig frei einschieben kann? Was bringen einem drei Tore, wenn bei einer Ecke der Gegner sechs Minuten vor Schluss ungedeckt am Elfmeterpunkt stehen und die Pille ins Netz knolzen darf? Wie kann man als Profimannschaft in vier Spielen nacheinander solche Fehler machen und NICHTS daraus lernen? Was machen die im Training? Spielen die FIFA 99 auf Stufe "Amateur"?
Und als ob die ganze Schei...e nicht schlimm genug wäre, hat sich in diesem bekloppten Fussballspiel auch noch Son verletzt, weshalb er (mal wieder, arme Socke) vier bis sechs Wochen ausfällt. Dabei ist gerade der mit seinen genialen Momenten für unser Spiel nach vorn meiner Meinung nach nicht zu ersetzen.
Na gut, nach dem Abpfiff machte man sich also entsetzt auf den Heimweg, bzw. erstmal auf den Weg zu Knappi um ein paar Dosen zu holen. Das letzte Bier in der Hamburger S-Bahn genehmigten wir uns auf dem Weg zum Hauptbahnhof. Dort bekamen wir locker flockig ein Abteil im Zug nach Hause, und so ging es auf der Rückfahrt trotz einiger Flucherei über unseren abwehrtechnisch so indisponierten Haufen relativ gemütlich zu. Der Tag endete für mich auf dem Rendsburger Stadtfest, wo ein Kumpel seinen Geburtstag nachfeierte. Ich machte mich aber dann doch ziemlich früh erschöpft auf den Weg nach hause, man wird langsam alt. Unterwegs schmiedete ich Mordpläne für einen DJ auf einer Partybühne, der mir nacheinander Wolle Petry, Mr. Saxobeat, Barbie Girl, Shakira und Sun Is Up in die Lauscher bratzte, obwohl er einen Kilometer Luftlinie weit weg war. Das war fast so laut wie Motörhead in Wacken, nur ist bei Motörhead die Mucke besser als dieser verschissene Ballermanndreck.
In dem Sinne: Gute Nacht!
Es kann ergebnistechnisch wie musikalisch nur besser werden...