Kurz zur Kaderplanung: Brandt und Hazard zu holen, schien ein glänzender Schachzug gegenüber den abgebenden Konkurrenten in der Liga zu sein. Ich glaube jetzt: Das war ein Eigentor, einer hätte gereicht.
Am langen Ende wird Hazard sich auf der Bank wiederfinden, weil er gut aber schlechter als Brandt ist. An dieser Stelle frage ich mich, weil ich es wirklich nicht weiß: Waren beide seine Wunschspieler? Dann sieht es für mich danach aus:
Klappt der Eine nicht, dann eben der Andere.
Und das ist ziemlich doof.
Meine Wahrnehmung ist diese: Hazard war Favres Wunschspieler, Brandt eher Zorcs. Ersterer sollte vermutlich den erwarteten Abgang von Guerreiro kompensieren, da sich beide nicht unähnlich sind. Letzterer wurde geholt, weil er - auf gut Deutsch gesagt - gerade verfügbar war. Das klingt jetzt abwertender als es gemeint ist. Ich denke aber wirklich, dass man einfach die Chance auf Brandt nicht sausen lassen wollte, nachdem man sich in den Jahren zuvor schon ein paar Mal erfolglos um ihn bemüht hat. Wohl wissend, dass Favre dessen Paradeposition gerade erst mit Reus dauerbesetzt hatte. Möglicherweise sieht der Plan mit Brandt auch vor, Reus eines Tages mit ihm zu ersetzen. Auf LA doppelt gemoppelt ist das also nur so lange, bis Favre oder ein anderer Trainer einen Weg findet, Reus und Brandt gleichzeitig im Zentrum einzubauen. Bspw. in einem 4-1-4-1.
Den vermeintlichen glänzenden Schachzug gegenüber den abgebenden Konkurrenten sahen (und sehen) mMn ausschließlich Fans der abgebenden Vereine, die sich um ihr Tafelsilber betrogen fühl(t)en. Dieses "Kaufen, um die unmittelbare Konkurrenz zu schwächen" ist doch ein Ammenmärchen. Hat Gladbach Embolo, Ginter, Kramer und Vestergaard geholt, um diese Konkurrenten zu schwächen? Das ist doch Kappes! Die Vereine hinter einem selbst auf Abstand zu halten, macht doch auch nur Sinn, wenn man Erster ist. In allen anderen Fällen muss man zusehen, die eigene Position zu verbessern. Und selbst wenn ich annehme, dass für derlei Überlegungen tatsächlich Platz in einer seriösen Kaderplanung wäre, sind BMG und B04 nicht unsere natürlichen Konkurrenten um Platz 2. Ohne despektierlich klingen zu wollen, aber das ist ohne Wenn und Aber RBL.
Das "Klopp"-Problem hatten wir hier auch.
Favre kam, als alles in Schutt und Asche lag, und lieferte uns insgesamt gesehen eine fantastische Zeit. Zwar ohne Titel und oft mit Schwächen auf den letzten Metern, aber nachdem man über Jahre in der Bundesliga fast nur unten rumgammelte und zwischenzeitlich auch mal abgestiegen war, machte sich Lucien mehr oder weniger unsterblich.
Und dann... tja, dann... Nachdem man kurzfristig etwas froh darüber war, ein paar von den taktischen Favre-Fesseln unter Schubert lösen zu können (was ja immerhin nochmal die Champions-League einbrachte), hing man immer noch in den alten Strukturen fest. Schubert scheiterte an sich selbst, Hecking wohl daran, dass er bei allem Fachwissen und seiner menschlichen Art und Ruhe zweimal nicht in der Lage war, eine gute Vorrunde nachhaltig zu versilbern, und der Mannschaft in der entscheidenden Phase nochmal einen Pusch zu verschaffen. Und über allem schwebte immer noch der Geist des Schweizers, weshalb Eberl ja dann im Frühjahr auch einen völlig neuen Ansatz suchte.
Der zahlt sich bisher aus, auch wenn die Truppe fußballerisch nicht gerade brilliert, so ist zumindest die Zeit der "braven" Borussia, die immer versucht alles spielerisch zu lösen und dafür bei der Zweikampfhärte und im Sprintbereich zurücksteckt, erstmal vorbei. Wofür das dann letztendlich reicht weiß jetzt natürlich noch keiner, aber es wird auch fußballersich für mich schon jede Woche etwas besser.
Was ich sagen will: Es ist Quatsch einen neuen Klopp zu suchen. Den findet man nicht nochmal. Es wäre für mich auch Quatsch Favre jetzt zu kicken. Sein zweites Jahr in Gladbach war (abgesehen von der Saison in der er nach fünf Spielen hinwarf) sein schwächstes, er kann also auch nach einer schlechteren Zeit durchaus wieder nach oben kommen.
Ja, dieser Vergleich Favre/BMG = Klopp/BVB trifft es wirklich sehr gut. Und ich sehe es auch genau wie du, dass diese Sehnsucht nach dem neuen Klopp Unfug ist. Damit bürdet man jedem neuen Trainer direkt einen megaschweren Rucksack auf, der die eigenen Ziele direkt wieder gefährdet. Das ist einfach unprofessionell.
Allerdings widerspreche ich bei der Einschätzung, dass das jetzt halt die zweite Saison lang so ist und dass man da eben durch muss. Ich lasse Favre auch nur sehr ungerne ziehen, falls es so kommen sollte. Aber wie oben schon angesprochen, zieht sich das mehr oder minder schon durch das komplette Kalenderjahr mit fallender Tendenz. Irgendwann ist ein Punkt erreicht, an dem du die Reißleine einfach ziehen musst, weil keine Chance mehr darauf besteht, dass Favre das Team noch erreicht.
Eine Baustelle, die neu aufgemacht wurde, stammt von Watzke. Der hält neuerdings in jeder Talkrunde seine Nase in die Kamera, um sein Buch anzupreisen, neudeutsch promoten. In dem Buch soll er wohl Klopp hinterhertrauern, weil er ihn lieber heute als morgen zurück hätte.
Watzke ist ein Opportunist und sieht sich selbst eher im Vordergrund statt des Vereins. Sein Buch kommt für Favre und den BVB zur Unzeit, weil die Autorität des Trainers durch Watzkes Buch "Echte Liebe" untergraben wird.
Der Titel des Buches ist eine Verlogenheit und Heuchelei, auf die nur kritiklose Leser hereinfallen. Favre hat sicher auch von Watzkes Buch gehört und wird sich seine Gedanken machen. Die Profis auch. Michael Zorc auch, der für mich der einzige ist, der den Laden noch zusammenhält.
Was den Zeitpunkt angeht, hätte es ganz, ganz bestimmt günstigere gegeben. Da habe ich ebenfalls null Verständnis. Dass er das Buch bewirbt, finde ich jedoch verständlich. Watzke spendet die Einnahmen 50:50 an seinen alten Heimatverein und die BVB-Stiftung "Leuchte auf".