Ich antworte einmal autorenübergreifend auf André und Herrn Wurst. Sucht Euch raus, was davon wem als Antwort gilt:
Vorab: Die Fans und Anhänger tragen letztlich nur wenig Schuld, nicht, daß am Ende jemand antwortet: "Ja watt denn, soll üsch jetz auch noch die Buden machen?"
Also, Rundumschlach:
Der Verein hat keine Identität verloren. Er spielt immer noch in Gladbach, heißt immer noch, wie zu guten Zeiten, und die Raute hat auch noch niemand durch ein Sponsorenlogo ersetzt.
Die aktuelle Mannschaft, wie im Grunde auch zahllose vor ihr, hat keine Identität angenommen. Warum? Wer identifiziert sich denn mit den Typen? Darum.
Wenn ich die letzten Wochen hier und andernorts "Paroli laufen" lasse, dann sind es im wesentlichen zwei "Mannschaften", also Kader, mit denen sich die Mehrheit heute noch identifiziert (Die Mattäus-/Heynckes-Ära und gar die goldenen Siebziger haben doch nur die Allerwenigsten erlebt, die in Foren tätig sind). Also: Welche? Naja, zufällig und ausgerechnet die letzten beiden, die irgendwo Erfolg hatten: Nämlich der "Effe-Trupp" aus den 90ern und der "Meyer-Trupp", der aufgestiegen ist. Schon die Wahl der jeweiligen Namensgeber zeigt, woran ich jedenfalls die jeweilige Idenfikation festmache: An Typen, die in jeweils den Zeitabschnitten, in denen sie hier tätig waren, dem Erscheinungsbild der Mannschaft ihren Stempel aufgedrückt haben. Schon beachtlich, daß einer davon sogar ein Trainer war. Das ist aber nicht alles:
Ich behaupte nämlich, wir alle sind Erfolgsfans. Bevor Ihr jetzt mi'm Prengel draufkloppt, fragt Euch mal, was Ihr sehen wollt. Klar, 'ne kämpfende Mannschaft nach dem Motto "Siech oder Blut am Pfosten" oder eine "Hacke-Spitze-Einszweidrei"-Truppe, die jede Woche 4 Buden macht, aber auch jede 2. Woche 5 bekommt, sind beide allemal unterhaltsamer als das, was wir eigentlich seit Jahren vorgesetzt bekommen. Aber das ist letztlich nicht entscheidend. Entscheidend ist irgendwann der in der Tabelle ablesbare Erfolg einer Mannschaft, der uns antreibt. Fragt Euch mal, was Ihr lieber habt: Jede Woche montags auffe Schicht zu hüpfen und zu gröhlen: "Spitzenreiter, Spitzenreiter, heij, heij" oder "Haste das Hackentor oder die Blutgrätsche von xy gesehen? Geil. Dumm nur, daß es für keinen Punkt reichte."
Mal so ganz übertrieben dargestellt. Und das ist der Hauptgrund, weswegen man den Effe- und Meyer-Trupps hinterherweint. Die hatten nämlich ablesbaren Erfolg. Ich muß niemandem erklären, welchen. Ich muß aber darauf hinweisen, daß der Meyer-Trupp den Erfolg vorwiegend in Liga 2 hatte. Dennoch ist seine damalige Mannschaft mythische Legende. Weil sie so geil gekämpft oder so doll gespielt hat? Nein. Weil sie aufgestiegen ist, wie auch immer.
Fragt Euch mal, wer sich an Asanin, Demo, Osthoff und Kollegen noch gut erinnern würde, wenn die nicht aufgestiegen wären. Die Antwort fällt eigentlich relativ leicht, wenn man sich die erste Zweitligasaion vor Augen führt. Gut, zum Ende hin ok und knapp gescheitert. Aber erinnert Ihr Euch noch an den Beginn, an den Herbst oder sogar noch an die 2. Saison vor dem Schlüsselspiel, Auswärtsieg in Bielefeld im November 2000?
Wäre letzteres anders ausgegangen, weiß ich nicht, ob die Mannschaft aufgestiegen und Meyer noch länger Trainer geblieben wäre. So nah liegt das beieinander und daher, bleibe ich bei, ist jeder von uns ein Stück weit Erfolgsfan.
So. Ich hoffe, das reicht, um die Messerwetzer ruhig zu stellen.
Dann fragt Euch mal: Wie war'n das zu Effe- und Meyer-Zeiten mit den Medien? Mit dem Internet? Ach, hatte keiner? Oder kaum jemand? Forum, wassen das? Mitgliederwerbung aller Orten in den Vereinen? Wieso'n das? Forderungen nach sicheren Stadien, in die man sein Kind mitnehmen kann? Ääääh, wieso? Pay-TV? Ja, ich war damals schon reich? Trainingskiebitze zu Hunderten nach Verabredung im Web? Rentner waren da, in besten Effe-, Herrlich-, Dahlin-Zeiten mit mir und einigen anderen - wenn's hoch kommt - 40 Leute am Rönneter. Und heute? Heute lieste bei TF keine 20 Minuten nach Ende des Trainings den ersten Bericht darüber, wen die Bratwurst heute wieder angespuckt und wer immer noch keinen Pass über 3 Meter an den Mann bringt.
Ich frage mich: Sind die Spieler objektiv schlechter als früher oder sind sie nur ein "Kind ihrer Zeit", die wir über die vorher erwähnten Wege ganz erheblich mitgestalten?
Die alten Zeiten, die Herr Wurst im Avatar trägt, kommen nicht zurück. Wir können lange darüber schreiben, aus welchem Grund nicht, ob man das rückgängig machen kann. Fragt am besten mal den Karlsruher Uru. Ich glaube, der kann Euch da viel Fundierteres bieten als ich.
Also: Der Fan sollte mit den aktuellen Bedingungen leben, sich also anpassen, es bleiben lassen oder sich 'ne andere Sportart suchen. Das Interesse verlagern, wie ich das für mich auch schon ein bißchen getan habe.
Und ein bißchen mehr Ruhe geben, nicht ständig Köpfe hier und dort fordern, sofort wieder nach neuen Köpfen in unermeßlicher Anzahl schreien, die in ihrer Masse genau das Szenario wieder heraufbeschwören, das man gerade weggetreten hatte.
Wenn der Fan nach den alten Zeiten ruft, dann sollte er sich überlegen, daß er selbst einen ganz gewaltigen Anteil an den neuen Zeiten hat, weil er sich viel stärker an der Meinungsbildung beteiligen kann und das auch nutzt. Oder was meint Ihr, warum ständig von "Unruhe im Umfeld" die Rede ist? Weil die A61 keine Lärmschutzwände hat?
Um also zum TF-Beitrag zu kommen: Ich glaube, seine Tendenz ist im Grunde nichts anderes, als diese Idenfikationgeschichten, die Ziege gerne streut. Die Spieler sollen sich wohlfühlen, miteinander reden, der Mannschaft ein Gesicht geben, bei der Arbeit Spaß haben und über diese und andere gute Attribute eine Dynamik auslösen, die letztlich Erfolg bringt.
Logisch. Das ist nichts Neues und steckt irgendwie natürlich in dem, was ich so meine.
Konkret wünsche ich mir aber, und das isses, was das Volk scheinbar derzeit mehrheitlich nicht will, daß man die Spieler des aktuellen Kaders prüft, ob sie grundsätzlich in der Lage sind, solch gute Attribute in die nächste Saison zu tragen.
Und nicht direkt danach zu brüllen: "Alles neu macht der Mai." Da kannste Dir nämmich 'n Ei drauf kloppen. Dann haste nämlich die nächsten unbeschriebenen Blätter in Masse am Start, die nicht zusammenfinden.