Deine beschriebene Praktik, dass ab 1.00 Uhr die Aschenbecher rauskommen, profitiert natuerlich von ein paar nicht-rationalen Faktoren, weswegen das Rauchen anwesende Gaeste, eben auch Nichtraucher, dann nicht so stark stoert wie im Normalfall. Zum einen werden die meistens Gaeste dann eh schon angschlagen, also akoholisiert, sein, womit der "mir egal"-Level (und eine damit verbundene Irrationalitaet) ansteigt; ausserdem braeuchte der sofortige Aufbruch eben eine sofortige und aktive Entscheidung, waehrend das Sitzenbleiben (mit anschliessendem Haengenbleiben) ohne Entscheidung auskommt. Letzteres ist ein Beispiel fuer einen "status quo bias", d.h. die nicht-rationale Bevorzugung eines bestehenden Zustands.
Ich habe uebrigens Probleme damit, dass die Einfuehrung des Nichtraucherschutzes zu einem Kneipensterben fuehren soll, denn schliesslich geht es in einer Kneipe ums Trinken, nicht ums Rauchen. Ich glaube eher, dass da aus einer Korrelation (Kneipen gehen Pleite, waehrend es den Nichtraucherschutz gibt) eine Kausalitaet (Kneipen gehen Pleite, weil es den Nichtraucherschutz gibt) gemacht wird. Dabei gehen und gingen Kneipen die ganze Zeit Pleite; in meinem Heimatdorf z.B. gab es frueher 3 Kneipen, von denen heute nur noch eine in Betrieb ist, aber mit Rauchen oder Nichtrauchen hat das gar nichts zu tun. Soll heissen: Ich halte das Rauchverbot bestenfalls fuer einen verstaerkenden Faktor beim Kneipensterben, nicht aber fuer die grundsaetzliche Ursache, welche vermutlich der gesellschaftliche Wandel ist. Mal plakativ: Waehrend Horst, der 20-jaehrige Maurer, vor 50 Jahren nach der Schicht in die Kneipe ging und dort mit seinen Kumpels abhing (und das noch heute tut, wenn sie nicht gestorben sind), trifft sich Kevin, der 20-jaehrige Schlosser, nach der Arbeit mit Kumpels zum Playstation-Zocken. Stirbt Horsts Generation weg, dann wird es eben eng fuer viele Kneipen.