Fehlentscheidung des Tages: Hertha gegen Nürnberg

Holgy

Kommischer Foggel
Moderator
Tor? Hand? Rote Karte? Elfmeter? Eine Aktion, viele Spieler, viele Handlungen. In der 88. Minute des Bundesliga-Spiels zwischen Hertha BSC und dem 1. FC Nürnberg muss das Team um Schiedsrichter Michael Weiner zahlreiche Entscheidungen treffen.

Berlins Ronny hatte den Ball im hohen Bogen Richtung Tor geschossen, auf der Linie stand der Nürnberger Ondrej Petrak, der den Ball mit der Hand abwehrte. Das Leder landete vor den Füßen von Herthas Adrian Ramos, der zuvor den Laufweg mit Nürnbergs Torhüter Raphael Schäfer gekreuzt hatte. Ramos zog direkt ab, der Ball landete im Tor, Hertha jubelte, 2:2, vermeintlich.

Oder doch "nur" Elfmeter. Michael Weiner besprach sich mit seinem Assistenten Norbert Grudzinski – und entschied auf: Abseits. Kein Tor. Kein Elfmeter. Keine Rote Karte.


Leider falsch.
 
C

Chris1983

Guest
Ärgerlich für Hertha, da sie ja im Prinzip doppelt angeschmiert worden sind.

Wäre der Nürnberger eigentlich auch dann mit Rot zu bestrafen gewesen wenn Ramos' Treffer anerkannt worden wäre? Das Tor hat er ja vorher trotzdem regelwidrig vereitelt.

Bzw. hätte er nicht so oder so rot bekommen müssen auch wenn Ramos im Abseit stand.

Mist, hab nix an bewegten Bildern am WE gesehen ausser das 2:1 von Schalke. :(
 

U w e

Moderator
Ich würde mal sagen, alles falsch gemacht Herr Weiner.

Nach dem hohen Ball von Ronny stand Ramos zwar klar im Abseits aber er behinderte niemanden. Das Tor hätte wohl gezählt. Erst nachdem Petrak den Ball mit der Hand von der Linie holte und der Ball Ramos vor die Füsse fiel war es Abseits, diese Situation kam aber erst nach dem Handspiel zum tragen. Folglich wäre rot und Elfmeter die richtge Entscheidung gewesen, nach meiner Auffassung.
 

Ichsachma

Loretta-Spezerl
Herrjeh, ich habe es ohne Ton geschaut und im Moment, als Ronny abzog, Ramos "rechnerisch" im Abseits gesehen.

Daher dachte ich: ok, wenn er dann den Nachschuss reinmacht, darf der schomma nicht zählen. Bliebe also das Handspiel. Rot und Elfer. So wäre meine Aufassung gewesen.
 

jambala

Moderator
Hallo.

Dröseln wir doch mal die Situation von hinten auf.

Ramos steht im Moment der Ballabgabe, sprich dem Schuss, im Abseits, wenn auch passiv. Nach der Ballabgabe, aber vor dem Handspiel bewegt er sich auf das Tor zu und behindert, und da muss ich u. a. 12:00 widersprechen, den Torwart Schäfer im Lauf. Der Kontakt mag zwar nicht bedeutend gewesen sein - dennoch wird der Laufweg zugestellt und somit dem TW die Möglichkeit zum Eingreifen genommen. Das wird zwar im Portal des DFB als strittig angesehen, in deutschen SR-Foren hingegen ist der Tenor, dass es strafbares Abseits war durch den Eingriff von Ramos. Da es aber noch keine verbindliche Vorgabe eines Lehrbriefes zu dieser Situation gibt,

Durch diese beiden Handlungen (Bewegung zum Ball und Behindern des TW) wirkt Ramos in doppelter Hinsicht auf das Spiel ein, wodurch er aktiv im Abseits steht. Ab diesem Zeitpunkt ist das weitere Geschehen hinsichtlich der Spielfortsetzung erst einmal uninteressant, da die Spielfortsetzung indirekter Freistoß wegen Abseits ist. Damit ist der Strafstoß schon mal hinfällig.

Bleibt die Frage nach der persönlichen Strafe für Petrak. Eine Torverhinderung und somit Rot kann es nicht sein - das erste Vergehen in der Situation ist und bleibt das Abseits. Gelb kann es auch nicht sein, da das laufende Spiel Bedingung für das Aussprechen einer Verwarnung ist; da durch das aktiv Werden des Abseits das Spiel regeltechnisch schon unterbrochen war, als das Handspiel erfolgte, ist dies nicht gegeben, das Handspiel bleibt somit hinsichtlich der persönlichen Strafe ungeahndet. Wäre nicht Abseits entschieden worden und das Tor anerkannt, kann es keinen Feldverweis mehr geben. Die Torchance wurde ja nicht vereitelt, es liegt also lediglich ein strafbares Handspiel vor - wie gesagt, wenn das Spiel weiter gelaufen wäre. Wäre auf strafbares Handspiel entschieden worden, wäre die Fortsetzung Strafstoß und Feldverweis für Petrak gewesen.
 

faceman

Europapokal-Tippspielsieger 2015
Damit verteidigst Du zwar wiedermal die Schiriegilde (was nicht neu ist, aber schön wäre, das ganze auch mal kritisch zu btrachten), mittlerweile wird aber gar offiziell verlautbart, dass dies ne Fehlentscheidung war.

"Diese Bewertung ist nicht richtig. Hier findet kein Zweikampf um den Ball statt. Kein Spieler hat die Möglichkeit, in die Spielsituation einzugreifen. Auch der Kontakt zwischen Torwart Raphael Schäfer und Adrian Ramos stellt keinen Zweikampf um den Ball dar, weil sie in die Spielsituation nicht eingreifen können, und ein Foulspiel von Ramos liegt auch nicht vor."
http://www.morgenpost.de/sport/hert...ibt-Fehlentscheidung-bei-Hertha-Spiel-zu.html

Neu ist für mich zumindest, dass so ein Statement öffentlich im Nachhinein überhaupt verbreitet wird. Finde ich bemerkenswert, wenn es Hertha in dem Moment auch nicht mehr hilft. Das die Situation sehr zum Ärger war ist sicherlich klar, nur gehe ich mit Luhukay da konform, dass der Nürnbergsieg ausschliesslich damit nunmal nicht zu erklären ist. Wir hatten genügend Chancen um das Spiel vorher zu entscheiden, gerade in Halbzeit 1. Um es genau zu nehmen haben wir in der 2. Hz. dann aber, soweit ich mich erinnere, nur eine wirkliche Torszene, nämlich jene in der 90. Minute. Das ist dann natürlich zu wenig. Das dann noch so eine unglücklich Entscheidung hinzukommt ist ärgerlich, aber eben nicht die Ursache für die Niederlage. Ich nenne es mal Begleiterscheinung in einem Spiel wo eben vieles daneben ging.
 
Zuletzt bearbeitet:

André

Admin
Für Hertha ist es natürlich saudoof, aber für den 1. FC Nürnberg auch.

Versetzt Euch mal in die Lage: Du wirst ca. 10 mal in der Saison "verpfiffen", keine Sau interessiert es. Dann profitierst Du ein mal durch eine Fehlentscheidung und schon sagt der DFB öffentlich dass das nicht richtig war.

Wo war der DFB denn vorher? Bei den ganzen Aktionen die gegen Nürnberg nicht richtig waren? Da hat keiner Stellung bezogen. Und das nervt mich ja so schon, wäre ich Club-Anhänger würde es mich vermutlich noch viel mehr ärgern.

Der DFB sollte sich überlegen, welche Linie er fahren will. Entweder man arbeitet alle Fälle vom Wochenende ab und gibt Statements ab, oder gar keine. Würde man sich nicht so gegen neue Technologien wehren würden viele Problem zudem gar nicht erst entstehen.
 

faceman

Europapokal-Tippspielsieger 2015
Da ist was dran Andre. Es wäre sicherlich mal etwas, dass gerade strittige Entscheidungen im Nachgang nicht nur intern diskutiert und ausgewertet werden, sondern dazu ach öffentlich Stellung genommen wird. So hat es nämlich was von "Den Weiner nageln wir jetzt an die Wand."
 

Ichsachma

Loretta-Spezerl
Hmmm, Face, ich verfolge jambala jetzt nicht ständig, aber offenbar ist er ja Schiedsrichter und stellt sich vielleicht darum tendenziell und argumentativ hinter "seine Leute".

Dank der Zeitschrift mit den große Buchstaben habe ich die Szene gerade noch einmal sehen können. Ramos stand bei Ronnys Schuss passiv im Abseits, insoweit hatte ich Recht, wenn ich von "rechnerisch" sprach. Was ich definitiv nicht in Erinnerung hatte, weil es mir einfach in Echtzeit und in den Wiederholungen (ohne Ton) am Sonntag nicht aufgefallen war: dass Ramos und Schäfer sich ein wenig in die Quere kamen und zwar zeitlich vor dem Handspiel.

Daher finde ich jambalas Argumentation hörbar - ich teile sie aber auch nicht. Weniger deshalb, weil es keinen Zweikampf um den Ball gab (den gibt es doch nie, wenn abseits gepfiffen wird, wenn ein Stürmer den TW nur irritiert), sondern mehr, weil Ramos da aus meiner Sicht gar nicht bewusst in iregndetwas eingreift. Er geht ein bisschen Richtung Tor, wo soll er denn hin?

Mich interessiert an dieser Stelle, was gewesen wäre, hätte es diese Szene vor dem Handspiel nicht gegeben, also die vermeintliche Behinderung von Schäfer durch Ramos, weil dieser einfach "woanders" im passiven Abseits gestanden hätte und dann nachher den Nachschuss setzen konnte. Das mit folgenden Fragen:

Einfach irgendwo passiv abseitig rumlungern ist (wohl) nicht strafbar. Hätte er den Nachschuss dann regelgerecht (unter Beachtung der Vorteilsregel) setzen dürfen?

Meine Meinung: Nein, es sei denn, der Nachschuss wird als neue Situation gewertet. Kann er das? Ich denke: Nein.

Da dann dem Handspiel keine (vermeintliche) Regelwidrigkeit von Hertha zeitlich vorausging:

Wäre Elfer und rot (auch dann) die richtige Entscheidung gewesen?
 

faceman

Europapokal-Tippspielsieger 2015
Hmmm, Face, ich verfolge jambala jetzt nicht ständig, aber offenbar ist er ja Schiedsrichter und stellt sich vielleicht darum tendenziell und argumentativ hinter "seine Leute".

Ja das ist mir schon klar, genau daher ja auch der Einwurf vielleicht auch mal etwas kritischer zu sein, gerade weil er der Schiriezunft angehört. Denn der Torhüter kann eigentlich nur dann behindert werden, wenn er denn überhaupt ne Möglichkeit hat ins Spielgeschehen einzugreifen. Aber Ramos behindert ihn zum einen nicht vorsätzlich, was sicherlich alleine kein Grund ist die Situation laufen zu lassen, sondern vielmehr ist der Torwart bereits geschlagen. Er hat also überhaupt keine Möglichkeit mehr ins Spielgeschehen einzugreifen, dazu die "Behinderung" die auch noch ganz weit hergeholt ist. Da steht Ramos dem Torwart nämlich mehr im Weg (und das auch noch sehr geringfügig), als alles andere. Von daher ist die Argumentation der Behinderung und der daraus resultierenden Abfolge inkl. der Entscheidung eigentlich ad absurdum geführt.
 

jambala

Moderator
@ ichsachma: Für Face sind meine Ausführungen zu regeltechnischen Fragen immer nur Verteidigung der SR in Form von Zurechtbiegen der Regeln - er übersieht dabei aber beflissentlich, dass ich mich grundsätzlich konkret auf die Regeln beziehe und auch ausführe, warum ich das so sehe, wie ich es schreibe. Dass das für ihn nicht objektiv ist - Pech, ich nehme mir aufgrund von 23 Jahren aktiver Schiedsrichterei und ständiger Beschäftigung mit den Regeln das Recht heraus, die Entscheidungen,wenn sie für mich nachvollziehbar sind, als richtig anzusehen.
Zu Deiner Frage: Bei Verhinderung einer Torchance gibt es grundsätzlich keine Vorteilsauslegung - daher Strafstoss und Feldverweis als einzig korrekte Alternative in der Situation. Anders sähe es bei einer regelkonformen Spielweise und dem kontrollierten Spielen durch den Verteidiger aus: durch den gezielten Versuch den Ball zu spielen entsteht nach neuer Auslegung eine neue Spielsituation - Ramos wäre somit nicht mehr im Abseits gewesen und das Tor hätte gegolten.
@face: Schäfer muss seine Bewegung abbrechen. Und da kann man denke ich schon sagen, dass er behindert wurde. Zudem kann er die Strecke von knapp zwanzig Metern von seiner Position zur Tormitte hin in etwa zwei einhalb Sekunden zurüklegen. Also durchaus noch in einem Zeitrahmen, der ein Eingreifen möglich macht,wenn er nicht abbrechen müsste. Daher sehe (übrigens nicht nur ich) das Argument der fehlenden Möglichkeit des Eingreifens eher kritisch. Und by the way
- die Entscheidung ging von dem Assistenten aus, nicht vom SR.
 

faceman

Europapokal-Tippspielsieger 2015
Nun diese Ansichtsweise scheinst Du exklusiv zu haben, wenn selbst die Offiziellen sich ausnahmsweise mal so überhaupt zu einer Äusserung bewegt haben. Das alleine ist schon selten genug. Dann äussern sie sich aber auch noch gegen ihren eigenen Schirie. Das ist dann schon mal ne Hausmarke. Entweder er lag einfach falsch oder da hat jemand was gegen ihn. Letzteres würde ich dann doch in die Verschwörungsschublade packen.
 

jambala

Moderator
Erst einmal habe ich diese Meinung nicht alleine auch wenn Du dieser Ansicht bist. Dazu reicht ein Blick in das ein oder andre SR Forum - englisch wie deutsch - die Meinung ist hier fifty fifty. Was wir haben ist ein Wechsel in der Lehrmeinung, der hoffentlich bald genau so auch kimmuniziert wird an die Verbände, damit wir auf dem Platz dann auch das umsetzen können, was offiziell gesehen werden soll.
 
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