Die Europameister

huelin

Quite clear, no doubt, somehow
:pokal:
Der Tradition folgend möchte ich hier mal eine Gesamtbewertung der spanischen Europameister über das ganze Turnier vornehmen.

IKER CASILLAS (27, Real Madrid)

Er hat bewiesen, dass er zu den ganz Großen seiner Zunft gehört. Das wenige, was auf sein Tor kam, bewältigte er bravourös, und auch im Hinauslaufen hat er sich enorm verbessert. Und nicht zu vergessen sein großer Auftritt im Elfmeterschießen gegen Italien. Note 1,5.

SERGIO RAMOS (22, Real Madrid)

Zeigte erneut seine enorme Vielseitigkeit. Gegen Italien spielte er fast als Innenverteidiger, aber wenn der Gegner es zuließ, war er auch offensiv zur Stelle, gegen Russland sogar einige Male als Mittelstürmer. Dazu kommen seine Lauffreudigkeit und Schnelligkeit, wobei er allerdings ab und zu wieder etwas überhastet wirkte. Deshalb "nur" Note 2.

CARLES PUYOL (30, Barcelona)

Musste manches Mal als Feuerwehr aushelfen, konnte allerdings nicht in jedem Spiel glänzen. So wirkte er gerade im Endspiel einige Male unsicher. Trotzdem ist seine Persönlichkeit unumstritten, und er trug natürlich ebenfalls dazu bei, dass die Spanier am Ende die beste Abwehr des Turniers stellten. Note 2,5

CARLOS MARCHENA (28, Valencia)

Wer ihn kannte, war ziemlich überrascht darüber, wie souverän er bei dieser EM auftrat. Seine Fehlerquote war sogar geringer als die von Puyol. Schade, dass er erneut einige Male durch Unfairness auffiel. Dennoch reichte es allemal für Note 2.

JOAN CAPDEVILA (30, Villarreal)

Wie befürchtet, war er einige Male die Schwachstelle im Team. Konnte allerdings mit Einsatz, Lauffreudigkeit und mehreren guten Offensivaktionen seine Defensivschwächen halbwegs wettmachen, insbesondere im Spiel gegen Russland. Trotzdem nur Note 3.

DAVID SILVA (21, Valencia)

Der quirlige Dribbelkünstler stellte sich besser als erwartet in den Dienst der Mannschaft. Legte von allen Spaniern die meisten Kilometer zurück und schoss auch ein Tor gegen Russland. Bei besserer Treffsicherheit hätten es allerdings auch mehr sein können. Dennoch reichte es ebenfalls für Note 2.

XAVI HERNÁNDEZ (28, Barcelona)

Der Chef im spanischen Mittelfeldspiel, das bei dieser EM soviel Furore machte. Verlor kaum einen Ball, lieferte zahlreiche Vorlagen und schoss dazu noch das wichtige Führungstor im Halbfinale. Hatte nur ein etwas schwächeres Spiel gegen Schweden. Deshalb konnte ich mich auch nicht ganz zu einer 1 durchringen. Note 1,5.

MARCOS SENNA (31, Villarreal)

Schade, dass er schon 31 ist, denn ein Spieler wie er hat den Spaniern seit langem gefehlt. Seine Leistung ist um so bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass er seit der WM 2006 (wo er allerdings eher auf der Außenposition eingesetzt wurde) kaum in der Selección gespielt hat. Defensiv fast unüberwindlich, brachte er auch einige Impule nach vorne. Wegen seiner wenigen etwas schwächeren Phasen reichte es aber ebenfalls "nur" für eine gute Note 1,5.

ANDRÉS INIESTA (24, Barcelona)

Litt zu Beginn noch an einer Lebensmittelvergiftung und hielt meist nur eine knappe Stunde durch. Steigerte sich aber im Laufe des Turniers bis hin zu seiner tadellosen Endspielleistung. Kann am Ball alles, ist ungemein schnell und rochiert ständig. Das einzige, was er noch verbessern sollte, ist seine Torgefährlichkeit. Trotzdem eine gute Note 2.

CESC FÀBREGAS (21, Arsenal)

Hat endlich seine Rolle in der Nationalmannschaft gefunden, nämlich etwas offensiver als Xavi, mit ständigem Ausweichen auf die Flügel. Schussgewaltig, obwohl er das etwas zu selten zeigte, und u.a. mit zwei herrlichen Torvorlagen gegen Russland. Wegen seiner etwas schwächeren Endspielleistung aber ebenfalls "nur" Note 2.

XABI ALONSO (26, Liverpool)

Kam ein paar Mal als Einwechselspieler zum Einsatz und erfüllte jeweils seine Aufgabe, die hauptsächlich aus Ballhalten und dem Einleiten von Kontern bestand. Besondere Torgefahr strahlte er dabei allerdings nicht aus. Note 3.

SANTIAGO CAZORLA (23, Villarreal)

Was für Xabi Alonso gilt, gilt erst recht für ihn, wobei er noch etwas häufiger als dieser durch gefährliche Flanken und Vorlagen auffiel. Note 2,5.

DAVID VILLA (26, Valencia)

Der Torschützenkönig des Turniers mit vier Treffern, darunter ein besonders schöner gegen Schweden. Ebenfalls viel unterwegs, kam er allerdings gerade gegen Schweden 89 Minuten lang nicht besonders gut zurecht. Fehlte leider im Finale verletzt. Note 2.

FERNANDO TORRES (24, Liverpool)

Begann gut, hatte aber dann einige Spiele, bei denen er doch mehr aus seinen Chancen machen musste und sich auch einfach zu häufig festrannte, v.a. gegen Italien. Wenn der Gegner ihm allerdings Platz ließ und er seine Schnelligkeit ausspielen konnte, so wie gestern abend, blühte er regelrecht auf. Note 2,5.

DANIEL GÜIZA (27, Mallorca)

Der Torschützenkönig der Primera División ließ seine Torgefährlichkeit mehrfach aufblitzen und traf auch zweimal das Tor. Ebenfalls ein idealer Einwechselspieler, der die gegnerischen Abwehrreihen mit seiner Frische ständig vor Probleme stellte. Wegen einiger vergebener Chancen reichte es aber nur zu Note 2,5.


An dieser Stelle muss ich natürlich Abbitte leisten für meine schlechte Beurteilung von Trainer LUIS ARAGONÉS (69) vor dem Turnier, wobei ich mich da ja in guter Gesellschaft befand. Er machte jedenfalls seinem Spitznamen "el Sabio" (der Weise) alle Ehren und hat bei diesem Turnier endlich das geschafft, was ihm lange Zeit nicht gelang, nämlich das Zusammenwirken von Xavi und Cesc in die richtigen Bahnen zu lenken. Und auch mit seinen Einwechslungen lag er praktisch immer richtig und bewies dabei eine ungeahnte Flexibilität.

Übrigens gab er sogar vor Kurzem selbst in einem Interview zu, dass er in den letzten Jahren einige Fehler gemacht und aus den Kritiken gelernt habe, auch wenn sie ihm sehr unangenehm gewesen seien. Für einen Sturkopf wie ihn ist das fast eine ebenso große Leistung wie der Titelgewinn. ;) Deshalb für ihn ebenfalls eine satte Note 1,5.


Die übrigen eingesetzten Spieler möchte ich nicht bewerten, da sie nur im bedeutungslosen Gruppenspiel gegen Griechenland zum Einsatz kamen, von dem ich nur Ausschnitte gesehen habe. Aber auflisten möchte ich sie an dieser Stelle natürlich trotzdem:

JOSÉ MANUEL REINA (25, Liverpool)
ÁLVARO ARBELOA (25, Liverpool)
RAÚL ALBIOL (22, Valencia)
JUANITO GUTIÉRREZ (31, Betis)
FERNANDO NAVARRO (26, Sevilla)
RUBÉN DE LA RED (23, Getafe)
SERGIO GARCÍA (25, Zaragoza)

Somit kamen insgesamt 22 der 23 Spieler zum Einsatz, d.h. alle außer dem dritten Torwart ANDRÉS PALOP (34, Sevilla). Der sich immerhin durch eine schöne Geste auszeichnete, die mir gestern aufgefallen ist: bei der Siegerehrung trat er nämlich im Trikot des unglücklichen Luis Arconada an, der im EM-Endspiel 1984 den Freistoß von Platini durch die Arme gleiten ließ und damit die Niederlage gegen die Gastgeber einleitete.

Und da in Spanien Gesten so wichtig sind, möchte ich noch zwei weitere davon erwähnen. Sergio Ramos trug nämlich bei der Siegerehrung das Trikot des im August letzten Jahres verstorbenen Antonio Puerta von seinem Ex-Club Sevilla, und brachte damit vor allem die spanischen TV-Kommentatoren zur Rührung.

Schließlich fiel mir auch noch Casillas auf, der sich nach dem Spiel als einziger Spanier ein deutsches Trikot überstreifte, und auch einer derjenigen war, die sich als erstes zu den deutschen Spielern begab, um ihnen Trost zuzusprechen.

Aber das kennt man ja von diesem tadellosen Sportsmann auch nicht anders. :top:
 
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