Akoa
Moderator <br><img src="/images/Banner/star4.gif"
Ein Gastkommentar von Stefan Minden, Rechtsanwalt der Fanabteilung von EIntracht Frankfurt und Verfasser des Positionspapiers zur Reform der Stadionverbotsrichtlinien:
(aus dem Mailverteiler von "Unsere Kurve", www.unsere-kurve.de)
Quelle:FPMG Supporters Club - Von Fans für Fans - 50+1 Regelung: Nadelstreifen in Stollenschuhen!
Abschließend noch zu Eurer Info der folgende Artikel aus der heutigen Frankfurter Rundschau:
Quelle:Nadelstreifen in Stollenschuhen
(aus dem Mailverteiler von "Unsere Kurve", www.unsere-kurve.de)
Hallo in die Runde,
zum Thema "50 + 1" gibt es heute ja die fürchterliche Werbeshow der DFL für Kapitalanleger. Ich finde, es ist jetzt allerhöchste Zeit, dass wir uns zu diesem Thema zu Wort melden. Zumindest innerhalb der DFL-Spitze scheint ja die Entscheidung für eine Abschaffung der "50 + 1"-Regel längst gefallen zu sein.
Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass es seit Einführung der Bundesliga 1963 keine Entscheidung mehr gegeben hat, die den deutschen Fußball derart nachhaltig und irreversibel verändern wird wie diese. Wer das nicht sieht, ist blind. Die Konsequenzen werden wir alle spüren und erleben, ganz egal, wie unser "eigener" Verein sich verhält bzw. ob, wann und unter welchen Umständen er sich Kapitalanlegern öffnet:
Ein Gastkommentar von Stefan Minden, Rechtsanwalt der Fanabteilung von EIntracht Frankfurt und Verfasser des Positionspapiers zur Reform der Stadionverbotsrichtlinien:
(aus dem Mailverteiler von "Unsere Kurve", www.unsere-kurve.de)
Hallo in die Runde,
zum Thema "50 + 1" gibt es heute ja die fürchterliche Werbeshow der DFL für Kapitalanleger. Ich finde, es ist jetzt allerhöchste Zeit, dass wir uns zu diesem Thema zu Wort melden. Zumindest innerhalb der DFL-Spitze scheint ja die Entscheidung für eine Abschaffung der "50 + 1"-Regel längst gefallen zu sein.
Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass es seit Einführung der Bundesliga 1963 keine Entscheidung mehr gegeben hat, die den deutschen Fußball derart nachhaltig und irreversibel verändern wird wie diese. Wer das nicht sieht, ist blind. Die Konsequenzen werden wir alle spüren und erleben, ganz egal, wie unser "eigener" Verein sich verhält bzw. ob, wann und unter welchen Umständen er sich Kapitalanlegern öffnet:
- in der Bundesliga wird es künftig vermehrt "Vereine" wie Wolfsburg und Hoffenheim geben - geschichts- und anhängerlose Produkte eines Kapitalgebers, der notfalls 11 Brasilianer zusammenkauft und in irgendeiner bislang vom Fußball nicht verwöhnten Gegend gediegenes Fußball-Entertainment anbietet - da aber die Bundesliga nicht aufgestockt wird, werden dafür Traditionsvereine runtermüssen;
- So wie in der "normalen" gewerblichen WIrtschaft Arbeitsplätze auch dann abgebaut werden, wenn die Unternehmen Gewinne erwirtschaften und zweistellige Zuwachsraten haben (eben weil nach der "Freisetzung" noch mehr Rendite erwartet werden kann), so werden wir auch im Fußball dem shareholder value Tribut zollen müssen: Schluß mit billigen Stehplätzen, wo die Saisondauerkarte nur 100 Euro kostet; weg mit sozialverträglichen Preisen. Fußball kann sich auch bzw. sogar besser als hochpreisiges Produkt verkaufen. Wer da nicht mitmacht, wird wegen seines Erlös-Steigerungspotentials schnell zum Übernahme-Kandidaten...
- Raus also mit den die wirtschaftliche Entwicklung hemmenden Fankurven und Fanszenen. Die haben erstens eh zu wenig Kaufkraft, sind zweitens zudem überdurchsschnittlich konsumkritisch und kleiden sich eher mit Produkten aus Kollektionen der eigenen Szene ("Ultra-Zipper" oder Fanclub-Pullis usw.) statt die offiziellen Merchandising-Produkte des "Vereins" zu erwerben, weswegen sie auch - drittens - für die Sponsoren uninteressant sind, die im Umfeld der Spiele ihre Produkte bewerben. Eine große und aktive Fanszene, so wie wir sie heute noch bei vielen Vereinen haben und kennen, ist dem shareholdervalue enorm abträglich. Fans sind genauso überflüssig und störend wie Nokia-Arbeiter in Bochum.
- da die private-equity-Gesellschaften, die Hedge-Fonds und die durchgeknallten Milliardiäre dieses Erdballs dann ja auch sofort Gesellschafter der DFL werden, wenn sie einen Verein gekauft bzw. hochgebracht haben, werden deren Entscheidungen in Zukunft noch renditeorientierter und fanunfreundlicher werden. Neun verschiedene Anstoßzeiten - darunter einige, die mit dem asiatischen Fernsehmarkt kompatibel sind -, die Aufnahme von Sponsorennamen in die Vereinsnamen, der Wechsel von Vereinsfarben (bringt auch für den Fanartikleverkauf einen enormen Nachfrageschub), Werbung auch auf der Hose und Trikot-Rückseite usw. usf. - die Liste möglicher Schreckensentscheidungen ist lang...
- weil man ja bei der DFL offensichtlich alles erreichen kann, wenn man nur das wunderbare Argument "das würde vor Gericht nie halten!" zieht, wird bald auch der Verkauf von Lizenzen erlaubt werden. Schließlich stellen diese den werthaltigsten Vermögenswert der Bilanz dar. Und welche Rechtsordnung darf einem privaten Unternehmen schon verbieten, Teile seines Anlagevermögens zu veräußern?
- irgendwann wird man feststellen, dass die Investoren vor allzu großen Risiken zurückschrecken, weil immer noch pro Saison zwei oder drei Vereine absteigen. Dann beginnt der öffentliche Meinungskampf gegen diesen deutschen Anachronismus, und bald schon wird man nach dem Vorbild der amerikanischen Profiligen (oder der deutschen Eishockey-Liga) Auf- und Abstieg abgeschafft haben. Irgendein Dödel aus einer renommierten, wirtschaftsrechtlich ausgerichteten Kanzlei wird der DFL-Geschäftsführung schon ein ausführliches und überzeugendes Gutachten vorlegen, wonach der Abstieg ein unzulässiger Eingriff in die Gewerbefreiheit ist und vor Gericht niemals Bestand hätte...
Und wir? Wir werden den Tag verfluchen, an dem die DFL die "50 +1"-Regel gekippt hat, ohne dass wir wenigstens versucht hätten, Widerstand zu leisten...
Quelle:FPMG Supporters Club - Von Fans für Fans - 50+1 Regelung: Nadelstreifen in Stollenschuhen!
Abschließend noch zu Eurer Info der folgende Artikel aus der heutigen Frankfurter Rundschau:
Bundesliga-Bosse treffen sich mit Großkapital
Nadelstreifen in Stollenschuhen
VON JAN CHRISTIAN MÜLLER
Mit der rechten Maustaste hier klicken, um Bilder downzuloaden. Um Ihre Privatsphäre besser zu schützen, hat Outlook den automatischen Download dieses Bilds vom Internet verhindert.
Sollen sich die Klubs der Fußball-Bundesliga dem Großkapital öffnen? Die Meinungen prallen aufeinander. Für den heutigen Mittwoch hat die Deutsche Fußball Liga (DFL) deshalb alle 36 Lizenzklubs in das Frankfurter Japan Center geladen. Vorstellen wird sich unter anderem die Private-Equity-Gesellschaft BC Partners aus Hamburg. 61 Milliarden Euro Wagniskapital hat das weltweit agierende Unternehmen in 66 Akquisitionen investiert. Bayern München, dessen Wert auf 727 Millionen Euro taxiert wird (siehe Grafik), passt zum Beispiel genau in diese Größenordnung.
Noch ziert sich der deutsche Fußball, sich fit zu machen für finanzkräftige Investoren. Die so genannte 50+1-Regel verbietet es den Vereinen im Gegensatz etwa zu ihren englischen Konkurrenten, mehr als 49,99 Prozent ihrer Anteile zu verkaufen. "Diese Regel wird kippen", sagt Ilja Kaenzig, "sie ist juristisch vor einem Ordentlichen Gericht nicht haltbar." Der Ex-Manager von Hannover 96 hat im vergangenen Sommer die Firma Boutique Fußball mit Sitz in Zürich gegründet. Er sieht sich als "Schnittstelle zwischen Investmentwelt und Fußballwelt".
Die Furcht in der Welt der Stollenschuhe vor der Welt der Nadelstreifen ist - noch - groß. So sagt Eintracht Frankfurts Boss Heribert Bruchhagen: "Wir haben eine Tradition zu verteidigen, die auf dem Gedanken des Sports fußt und nicht auf dem des Shareholder Values." Für die Eintracht käme ein Verkauf an externe Geldgeber "überhaupt nicht in Frage. Externe neigen nämlich zum Brudermord." Zudem, da ist sich Bruchhagen mit seinem Bremer Kollegen Jürgen L. Born einig, würden die Renditeinteressen der Geldgeber und die Interessen am sportlichen Erfolg der Klubs nicht zusammenpassen. Der ehemalige Banker Born sagt: "Die Fans wollen natürlich, dass ein Gewinn in neue Spieler gesteckt wird. Das beißt sich mit dem Wunsch des Investors nach einer Dividende auf sein eingesetztes Kapital."
Für Ilja Kaenzig sind das "popululistische Aussagen." Potenzielle Investoren hätten weniger Interesse an einer kurzfristigen Rendite als vielmehr daran, den Wert der Klubs zu steigern. Und zwar mit einer "völlig emotionslosen Herangehensweise: Die treffen keine wahnsinnigen Entscheidungen, um mal eben kurzfristig Meister zu werden. Die haben vor allem den langfristigen Erfolg im Auge, weil sie Werte schaffen wollen". Der "rasant wachsende Vermarktungsbereich" eröffne zudem "gewaltige Potenziale". Fußball konkurriere inzwischen mit Hollywood, "der Fußball gehört zur Unterhaltungsindustrie, gar kein Zweifel". Kaenzig sieht noch eine Reihe von ungehobenen Schätzen: Titelsponsoring, Ballsponsoring, Auslandsvermarktung, neue Medien, der Schweizer erkennt "Renditechancen, die bislang im Fußball nicht vorhanden waren".
Der Bremer Born sieht das zwar nicht anders, verlangt aber, wie die meisten seiner Kollegen, Schutzmechanismen, etwa Mindesthaltefristen für Investoren. Vermittler Kaenzig ist jedoch dagegen, den Markt einzuschränken. Er argumentiert: "Wenn ein Investor den Wert eines Klubs steigert und bald wieder verkauft, ist der Käufer ja an einer weiteren Wertsteigerung interessiert. Das ist gut für alle Beteiligten." Kaenzig sieht vor allem für Klubs aus der zweiten oder dritten Reihe, wie zum Beispiel Dynamo Dresden, bislang ungeahnte Möglichkeiten: "Es gibt eine ganze Reihe von Klubs, die von innen nicht die Kraft aufbringen, denen es an Know how und Kapital fehlt und die mit ihrem Schuldenrucksack nicht weiter kommen. Wenn denen Wissen und Geld gegeben wird, ist das doch nichts Verwerfliches."
Wie der in dieser Frage sehr progressiv denkende Boss von Hannover 96, Hörgerät-Unternehmer Martin Kind, hat auch der Bremer Born schon Pläne für mögliche Beteiligungen in der Schublade. Aber eben nicht jene großen Unbekannten aus Asien, den USA und Lateinamerika, Geldsammel-Gesellschaften, vermeintliche Heuschrecken, die für millionenschwere Kunden weltweit auf der Suche nach dem höchsten Zins auf ihr eingesetztes Kapital sind, sondern für befreundete Unternehmen aus der regionalen Wirtschaft. "Wenn so eine Firma 20 Prozent unserer Anteile erwirbt, bekommt es sogar einen Sitz im Aufsichtsrat", erläutert Born das sogenannte "over the counter Business", den Verkauf von Anteilen im Angesicht des Geldgebers über den Tisch.
Großkapital-Lobbyist Ilja Kaenzig findet es gut, dass die DFL die Klubs für heute zur großen Info-Veranstaltung eingeladen hat: "Da werden sicher viele Ängste abgebaut", glaubt er und erinnert an den Aufschrei, als der Hamburger SV als erster Bundesligist seinen Stadionnamen verkaufte: "Das ist mittlerweile doch fast nirgends ein Thema mehr." Heribert Bruchhagen bleibt skeptisch: "In der freien Wirtschaft können 50 konkurrierende Banken gemeinsam Erfolg haben. Im Fußball bedingt der Erfolg des einen den Misserfolg des anderen."
Quelle:Nadelstreifen in Stollenschuhen